Vom Hohen Atlas zum Antiatlas

Sonntag 8.März, 13:00 Uhr. Wir sind jetzt 2 Wochen unterwegs, davon gut 1 Woche in Marokko. Wir haben unseren Tagesrhythmus inzwischen dem Klima angepasst, und so sitzen wir jetzt irgendwo in den Bergen des Antiatlas im Schatten eines Arganbaumes und genießen, dass es hier auf ca.1000m Höhe bei 24 Grad gut auszuhalten ist.

Aber alles der Reihe nach:

Von unserem Übernachtungsplatz vor dem Tizi n‘Test Pass fuhren wir hinauf auf die Passhöhe, wo wir in uns in einem kleinen Straßencafé erst einmal ein ausgiebiges Frühstück gönnten. Von hier oben hat man einen herrlichen Weitblick auf das, was hinter dem Hohen Atlas liegt: eine endlose dunstige Hochebene, die sich nach Westen von etwa 800m langsam zum Meer hin absenkt. Dort, auf halber Strecke ans Meer nach Agadir, liegt Taroudannt, unser Ziel. Da wir uns beim Frühstück auf dem Pass nicht von dem Ausblick und dem netten Gespräch mit anderen Reisenden trennen konnten, war es schon Nachmittag, als wir dort ankamen, und wir beschlossen für die Nacht noch 20km weiter Richtung Meer zu fahren. Dort sollte es einen netten Platz auf einer Biofarm geben. Heiße Dusche, Pool und ein grüner Garten locken doch sehr, wenn man durch diese staubige und vertrocknete Landschaft fährt.


Der Platz gefiel uns so gut, dass wir beschlossen, hier einen Tag Rast einzulegen und uns von der Überdosis Sonne zu erholen, die wir auf dem Pass abbekommen hatten. Erholt ging es dann gestern zurück nach Taroudannt, einer schönen Stadt, die auch Klein-Marrakesch genannt wird, aber nicht so touristisch ist. Direkt an der vollständig erhaltenen Stadtmauer, die die ganze Altstadt umgibt, gibt es einen Parkplatz, auf dem Wohnmobile auch über Nacht stehen dürfen. Da es am Morgen noch nicht so heiß war, durfte Merlin, im Schatten der mächtigen Stadtmauer, im Auto bleiben, während wir die Souks erkundeten. Gegen Mittag war es höchste Zeit zum Auto zurückzukehren und Merlin zu befreien, denn die Sonne brannte wieder mächtig. Mit einer Pizza to go, die man hier wie überall auf der Welt bekommt und viel Wasser, verbrachten wir den heißen Nachmittag im Schatten der Mauer mit Nichtstun.

In der Abendkühle durfte Merlin sich im nahegelegenen Park von den Kindern streicheln lassen. Hier trifft man sich, wenn die Hitze nachlässt zum Flanieren oder picknicken. Uns zog es danach noch einmal in die Gassen der Altstadt und Basare. Bei einer Tajine und frisch gepreßtem Orangensaft beschlossen wir den Abend.

Nach einer, dank des nur für ein paar Stunden aussetzenden Verkehrs, etwas unruhigen Nacht starteten wir früh Richtung Süden. Über eine kleine Nebenstraße fuhren wir durch die Soussebene und hinauf in den Antiatlas. Bei solchen Straßen bleibt hier immer etwas Abenteuer, denn die verfügbaren Karten sind oft ungenau oder veraltet und manche Asphaltstraße entpuppt sich als schlechte Schotterpiste und manche Piste wurde gerade frisch asphaltiert. Wir hatten diesmal Glück, der Asphalt blieb uns treu, wenn auch manchmal gerade ausreichend für ein Auto. Mittags nutzten wir ein Stück alte Piste, um an einer einsamen Stelle die Strasse zu verlassen und im Schatten einiger Arganbäume Tagebuch zu schreiben. Aber das hatten wir schon….

Von wegen einsame Stelle. Mit dem Schreiben war schnell Schluss, denn aus dem Nichts tauchten Besucher auf. Zuerst ein Mann, in zerschlissenen Badelatschen, offenbar in der Hoffnung bei uns zu besserem Schuhwerk zu kommen, leider vergebens. Wenig später tauchte eine Gruppe Mädchen auf. Zuerst vorsichtig, kamen sie aber schnell näher, als sie Carola sahen. Merlin jagte ihnen erst einen Schrecken ein, aber dann konnten sie ihn nicht genug anfassen und kraulen, und er ließ es brav über sich ergehen.

Zu unserem Tagesziel, dem 900 Jahre alten Agadir von Taguent, lag noch ein Stück Strecke vor uns und so verabschiedeten wir uns, an Ruhe war sowieso nicht mehr zu denken. Agadire sind steinerne Speicherburgen, die die nomadisierenden Berberstämme an unzugänglichen Stellen errichteten, um dort ihre Wertgegenstände und die Wintervorräte sicher aufzubewahren. Die Agadire waren stark gesichert und konnten von 5 Mann Besatzung verteidigt werden. Drinnen gab es hunderte kleine, in die steilen Wände eingelassene verschlossene Kammern, von denen jeweils mehrere einer Familie gehörten. Bis vor Kurzem war der Agadir von Taguent noch von einer Familie bewohnt, die Besuchern gerne alles zeigte. Als wir dort ankamen, erfuhren wir jedoch, dass der Agadir seit dem Tod des letzten Bewohners verschlossen ist. Dank der Hilfe eines freundlichen Dorfbewohners gelangte ich jedoch, vermutlich nicht ganz legal, hinein, während Carola und Merlin vor dem verschlossenen Tor warteten und konnte ein paar Aufnahmen machen. Wieder unten im Dorf tranken wir noch einen Kaffee bei dem Parkwächter, der uns trotz verkrüppelter Füße den steinigen Weg hinauf zum Agadir begleitet hatte, während seine alte Mutter neben unserem Auto saß, um auf es aufzupassen!

Zurück auf der Straße waren es nur noch ein paar Kilometer, bis wir, wie erhofft, auf eine zweispurige Asphaltstrasse stießen, von der aus der Agadir noch vor ein paar Jahren nur mühsam über eine steinige Piste zu erreichen war.

Wir bogen hier ab Richtung Nordost, denn wir wollen in den nächsten Tagen quer durch die Safranregion des Antiatlas hinüber ins Drâatal und dann das Drâatal hinunter nach Süden bis zu den Dünenfeldern des Erg Chegaga.

Campingplätze gibt es hier keine, und so nutzten wir die Gelegenheit einer von der Strasse abzweigenden Piste, um uns zwischen den kahlen Bergen einen ruhigen Platz für die Nacht zu suchen, bevor die Sonne hinter dem Horizont verschwand.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert