31. Oktober 2014 – Amezrou
4 Tage ist der letzte Eintrag her, da gibt es einiges nachzuholen. Ich will mal versuchen zu rekapitulieren: 3 Tage sind wir in Asslim im Palmenhain an der Kasbah von Caïd Ali geblieben, haben gefaulenzt, sind kreuz und quer durch die Palmengärten der Flussoase gelaufen, haben Entdeckungstouren im verlassenen Ksar, dem alten, aus Lehm erbaute Wehrdorf unternommen und natürlich die Kasbah besichtigt. 

Gaelle, die französische Frau des jüngsten Enkels des letzten Caïd, hat sich viel Zeit für uns genommen und uns viel über die Familie, die Geschichte der Caïds und das Leben in solch einer Kasbah erzählt. Und das auf sehr nette Weise in Deutsch mit französischem Akzent. 2 Tage waren wir dort praktisch die einzigen Gäste. Die Touristensaison ist dieses Jahr überall im Land sehr mager ausgefallen. Gaelle meinte, dass die ständig anfallenden Renovierungsarbeiten zur Erhaltung des 250 Jahre alten, aus Lehm erbauten Gebäudekomplexes deshalb zur Zeit, wegen fehlender Einnahmen aus dem Gästebetrieb, ruhen müssen. Aber Allah hatte wohl ein Einsehen, denn am 3. Abend tauchte unverhofft zuerst der rote Truck von Rotel-Tours mit 20 deutsche Gästen auf, eine halbe Stunde später zwei große Offroad Trucks aus Frankreich, und in der Dämmerung noch drei weitere Jeeps. Bei Gaelle wurden wir auch 2 weitere alte Auto-Verbandskästen los, die wir zum Verschenken mitgenommen hatten. Den ersten Verbandskasten hatten wir bereits im Dadèstal einem netten Marokkaner überlassen, der sich sehr darüber gefreut hatte.
Nachdem wir so viel über die Caïds des Drâatals erfahren hatten, gehörte die Fahrt zum nicht weit entfernten alten Ksar Tamnougalt mit dem Stammsitz der Familie von Caïd Ali zum Pflichtprogramm. Insbesondere, da der Ksar noch bis in die 60er Jahre bewohnt war; die letzte Karawane soll hier Ende der 60 Jahre durchgezogen sein. Heute leben hier nur noch 20 Familien mit etwa 180 Personen. Das ist alles, was vom alten Verwaltungszentrum und wichtigen Karawanenhandelsplatz mit ehemals knapp 10.000 Einwohnern übrig geblieben ist, nachdem die Caïds mit der französischen Kolonisierung ihren Einfluß verloren, da sie bis zuletzt zum Sultan gehalten hatten.
Wichtigste Einkommensquelle der Einwohner ist, neben den Touristen, die Filmindustrie, die gerne hier dreht, wenn eine alte Karawanenstadt benötigt wird. Auch ‚Himmel über der Wüste‘ von Paul Bowles wurde von Bertolucci hier gedreht. Wir hatten Glück und fanden einen sehr netten Führer, über dessen hervorragende Kenntnisse der marokkanischen Geschichte wir uns nur wundern konnten. Er sprach sehr gut Englisch, ohne es jemals in der Schule gelernt zu haben. Dazu noch Französisch, Arabisch und die Sprache der Mezgita-Berber.
Als Mitglied einer der hier verbliebenen Familien kannte er den Ksar natürlich bestens. So konnten wir neben der alten Kasbah des Caïd noch 2 weitere erhaltene Kasbahs, das alte Judenviertel, die Mellah, die Karawanserei und auch die alte Moschee anschauen. 


Gerade als wir auf der Dachterasse einer Kasbah standen und das tolle Panorama bewunderten, gab es ein dumpfes Geräusch und unser Guide schaute sich etwas besorgt um, sagte aber nichts. Später, als wir im einzigen Lokal des Ortes noch einen Tee tranken und etwas aßen, entschuldigte er sich und verschwand für eine Weile. Als er zurück kam, erzählte er, dass bei einer der noch bewohnten Kashbahs, die wir kurz vorher besucht hatten, eine Wand eingestürzt war, als wir das Geräusch hörten. Glücklicherweise sind keine Menschen zu Schaden gekommen, aber mehrere Ziegen und Schafe, die auch in den Räumen gehalten werden, sind wohl von der einstürzenden Wand erschlagen worden. Für die betroffene Familie bedeutet das ein großes Unglück, dass sie ohne die Hilfe der Dorfgemeinschaft nicht bewältigen kann. Unser Guide meinte jedoch, dass in solch einem Fall hier noch alle Familien zusammenhalten und jeder etwas dazu beiträgt, den Schaden abzumildern und beim Wiederaufbau zu helfen. Um so mehr freute er sich auch, als wir uns bei seiner Entlohnung ungewohnt großzügig zeigten.
Nachdem wir unser Auto wieder durch die engen holperigen Gassen aus dem Ksar herausmanövriert hatten, ging es weiter durch das Drâatal nach Süden Richtung Zagora.
Das Drâatal zwischen Agdz und Zagora ist landschaftlich wirklich sehr schön. Die Straße verläuft entweder im Flusstal, oder am Rande und obwohl der Fluß bereits in Agdz kein Wasser mehr führt, wirkt es hier viel grüner als im unteren Dadèstal. Außerhalb des Flusstals weitet sich die Landschaft jetzt auch und man merkt, dass man sich der Wüste nähert. Zagora, früher Garnisonsstadt und letzter Karawanenhandelspunkt vor der Wüste, ist jetzt geprägt vom Wüstentourismus und Ausgangspunkt für Allrad oder Kameltouren in die großen Sanddünen des Erg Chegaga. Die Touren beginnen aber eigentlich erst im 90 km entfernten M’Hamid, wo die asphaltierte Strasse endgültig endet. Noch vor 15 Jahren endete die zivilisierte Welt jedoch am Südende von Zagora an dem berühmten Wegweiser:
=> Timbuktu 52 Tage
der heute im Museum steht ( eine Kopie auch im Zoo Hannover im Afrika- Gehege).
Unser erstes Quartier bezogen wir bei einem Musiker am Nordende der Stadt, dicht am Palmenhain und den ersten Sanddünen. 
Da uns der Platz aber etwas eng war, und es mit der Musik am ersten Abend auch nichts wurde, zogen wir heute morgen weiter in die Oase hinein, nachdem wir die Einkaufsmöglichkeiten von Zagora ausgeschöpft hatten. ( es gab sogar mal einen richtigen, dem holländischen Gouda ähnlichen Käse… bisher beschränkte sich die Käseauswahl auf verschiedene Geschmacksvarianten von Schmelzkäse der Sorte ‚La vache qui rit‘).
Hier in Amezrou werden wir wohl ein paar Tage bleiben, bevor wir uns wieder Richtung Norden auf den Weg machen. Der Platz unter hohen Dattelpalmen ist groß genug für Merlin, und wir sind noch die einzigen Gäste….
Bei unserer Ankunft wurden gerade Dattel geerntet, zumindest für einen der Beteiligten eine halsbrecherische Aktion, denn er muss ohne jegliche Sicherung hinauf in die Krone klettern, die schweren Fruchtstände mit der Machete abhacken und sie hinunterwerfen. Die anderen breiten unten lediglich ein großes Tuch aus und sammeln auf, was beim Aufprall der bis zu 10kg schweren Fruchtstände in alle Richtungen davonfliegt. Bei unserer Ankunft wurde die Arbeit erst einmal unterbrochen und gemeinsam der beste Platz für unser Auto ausgesucht. Kaum stand es dort, wurde ein großer Palmteppich davor ausgebreitet, ein Tisch und Stühle für uns aufgestellt und ein Tee serviert.

Nachdem der erste Tee ausgetrunken war, ging unser Gastgeber wieder zu den Männern an die Arbeit und wir durften zusehen und Tee trinken. So läßt es sich sicher ein paar Tage aushalten……
Manfred
Auch hier sind die einzelnen Gärten von Mauern aus Lehm umgeben, an denen man die Vergänglichkeit dieser Bauweise erkennen kann. Dort, wo sie regelmäßig renoviert werden, sind sie völlig intakt und sogar teilweise verziert. An anderen Stellen haben sie große Risse, sind teilweise eingestürzt oder nur noch als Lehmhaufen erkennbar, aus dem vielleicht noch Andeutungen der ehemaligen Mauer herausragen. Kommt man in die Randzonen der Oase, erkennt man schnell die Notwendigkeit dieser Mauern, denn hier hat der Wind die Wege zwischen den Mauern teilweise bereits Meterhoch mit Sand aufgefüllt.
Hier findet man auch viele gescheiterte Versuche, das Vordringen der Wüste aufzuhalten. Hunderte Meter Bewässerungsleitungen wurden hier zu jedem neu gepflanzten Baum verlegt, aber das Wasser ist hier in den letzten Jahren so knapp geworden, dass viele Brunnen ausgetrocknet sind, und selbst im öffentlichen Wasserleitungsnetz der größeren Orte im Sommer täglich nur für ein paar Stunden Wasser verfügbar ist.
Erschlagen von den vielen Eindrücken und der Sonne, die mittags immer noch eine unglaubliche Kraft entfaltet, zogen wir uns in ein schattiges Cafe an der Hauptstrasse zurück, bevor wir uns wieder mit unserem netten Chauffeur trafen, um zurückzukehren in die idyllische Ruhe der Oase.
Angeschlossen an das Ordenshaus gibt es eine kleine Bibliothek mit den Aufzeichnungen des Ordens, die bis ins 13. Jahrhundert zurückreichen. Einige der wunderschönen, auf Gazellenhaut geschriebenen und gemalten Dokumente kann man hinter Glas bewundern. Leider fanden wir niemanden, der uns etwas über den Ablauf solch eines Moussems erzählen konnte, denn sie sind oft auch verbunden mit Veranstaltungen wie Reiterspielen und so fuhren wir am Nachmittag, als die meisten einheimischen Besucher sich zur Siesta in irgendeine schattige Ecke zurückzogen, auch wieder zurück in unsere schattige Oase.
Die Landschaft wechselte zwischen kahler Geröllwüste, riesigen Ebenen mit völlig ebenem Boden, der aussah, als könne man dort viel besser fahren, als auf der Strasse und Steppenland mit vereinzelten Schirmakazien und kleinen, nicht weniger stacheligen Sträuchern. Unvorstellbar wie die Dromedare, die man dort manchmal sieht auch nur eines der winzigen Blättchen zwischen den langen Stacheln herausrupfen können, ohne sich ein blutiges Maul zu holen.
Nach 4 Stunden und knapp 70 km trafen wir dann auf die Stelle, wo den Straßenbauern der Asphalt ausgegangen war und so vergingen die nächsten Kilometer im Geschwingigkeitsrausch…

Der Besitzer hat die Landwirtschaft vor einigen Jahren wegen Wassermangels aufgegeben und auf dem Farmgelände mit seinen Söhnen einen Übernachtungsplatz für Wüstenfans eingerichtet. Für große Gruppen hat er komfortable Biwakzelte gebaut und auch sonst alles sehr liebevoll und schön hergerichtet. Man merkt, dass einer seiner Söhne in Italien im Baugewerbe arbeitet. Zusammen mit den in der Umgebung lebenden Normaden bietet er mehrtägige Kameltouren mit bis zu 40 Kamelen an.
Und tatsächlich finden wir nach Durchquerung eines wunderschönen Cañons und eines weltvergessenen Dorfes den beschriebenen Hügel, auf dessen Kuppel der von der Regierung bezahlte Wächter schon auf uns wartet. Er hat von seinem exponierten Platz den Überblick über die gesamte Umgebung und hat uns bereits gesehen, als wir aus dem Cañon herauskamen. 
Die Felsmalereien sind eigentlich korrekterweise Steinritzungen, die auf vielen Felsbrocken unterschiedlichster Größe verteilt über den ganzen Hügel zu finden sind. Leider konnten die Menschen hier damit nicht viel anfangen und haben die Darstellungen eher als Anregung verstanden, selbst etwas hinzuzufügen. Erst seit ein paar Jahren gibt es den Wächter, der das verhindert und vor allem auch dafür sorgt, dass nicht immer mehr der schönen Tierdarstellungen verschwinden und auf Kunstauktionen in Europa wieder auftauchen. Den Bildern nach muß es hier vor 5.000 Jahren Nashörner, Elefanten, Giraffen, verschiedene Antilopenarten, Löwen und Affen gegeben haben. 
Daneben gibt es Darstellungen von Jagdwaffen und Kultzeichen, die als Kalender interpretiert werden. Interessanterweise findet man keine Darstellungen von Menschen. Leider sind wir beide zur Zeit etwas angeschlagen, ob zuviel Sonne, oder das Essen nicht vertragen, ist unklar. Auf jeden Fall fiel unser Ausflug kürzer aus, als dem Ort und der wunderschönen Umgebung angemessen wäre und wir kehrten zurück ins Camp mit dem Komfort von Dusche und WC. Nach unruhiger Nacht legten wir deshalb noch einen Erholungstag im Camp ein, bevor es morgen weiter geht, denn am 8.11. oder 9.11. wollen wir ja Gabriele und Klaus-Peter bei Ouarzazate treffen, die sich am 8.11. von Marrakesch aus über den hohen Atlas nach Süden auf den Weg machen wollen.
Als Europäer hat man überall Zugang, kann sich die Gärten anschauen und den Rundblick von der Dachterasse genießen. Meist werden einem auch ungefragt alle Räumlichkeiten vorgeführt. Da es von hier nur noch 60 km bis nach Asslim waren, machten wir mittags noch mal Halt in Tamnougalt um bei Chez Yakoub etwas zu Mittag zu essen und wurden dort herzlich wie alte Bekannte begrüßt.
Nach 7 Wochen immer an neuen Orten ist es ein gutes Gefühl mal an einen Ort zurück zu kehren, den man in guter Erinnerung hat und dort als alter Bekannter begrüßt zu werden. Ähnlich erging es uns dann in Asslim in der Kasbah von Caïd Ali. Wir saßen dort am späten Nachmittag lange mit Gaelle bei einem Tee zusammen und tauschten aus, was in den knapp 2 Wochen seit unserem letzten Besuch so alles passiert ist. Am nächsten Tag verabschiedeten wir uns erst gegen Mittag von Gaelle, da wir nur 80 km Tagesetappe vor uns hatten, denn abends wollten wir Gabriele und Klaus-Peter in ihrem Hotel am Stausee El-Mansour-Eddahbi bei Ouarzazate überraschen. Die Fahrt über den 1660m hohen Tizi-n-Tinififft war in dieser Richtung noch eindrucksvoller, da man die Sonne im Rücken hatte und im Norden im Hintergrund immer wieder die jetzt schneebedeckten Gipfel des Hohen Atlas auftauchten. Kurz vor Ouarzazate tauchte rechts der Strasse ein Schild auf, dass auf eine Zufahrtsstrasse zum südlichen Ufer des Stausees hinwies. Wir hatten noch Zeit, und unsere Karte zeigte uns, dass die ausgeschilderte Piste nach 10 km genau gegenüber dem Royal Golf Club am See enden sollte, sodaß wir uns vielleicht sogar zuwinken könnten. Also bogen wir ab auf die Piste, wunderten uns zwar nach ein paar Metern über ein merkwürdiges Einfahrtsverbotsschild neben der Piste, hielten das Schild aber für eine der vielen marokkanischen Kuriositäten und fuhren weiter. Die Fahrt verlief auch problemlos bis ca. 3 km vor dem Seeufer, dann tauchte hinter einer Kurve um einen Hügel ein Schlagbaum und eine Baracke neben der Strasse auf. „Jetzt gibt es sicher Ärger“ dachte ich mir, fuhr aber konsequent bis an den Schlagbaum und fragte den dort stehenden Posten, ob er den Schlagbaum für uns öffnen könne, damit wir ans Seeufer weiter fahren könnten. Höflich fragte er mich nach einem Erlaubnisschreiben, dass ich Ihm natürlich nicht vorweisen konnten. Das nahm er mit Bedauern zur Kenntnis und erklärte, er würde uns gerne weiterfahren lassen, wir müsste nur vorher bitte in Ouarzarzate beim Präfekten ein solches Erlaubnisschreiben einholen, dann würde er uns gerne den Schlagbaum öffnen. Wir bedankten uns höflich für die Auskunft, wendeten und machten, dass wir davon kamen, bevor noch ein anderer Posten aus der Baracke auftauchen konnte, der vielleicht nicht so freundlich mit fremden Spionen umgehen würde, die unerlaubt 6 km weit in eine gesperrte Piste hineingefahren sind…..
Merkwürdigerweise wusste an der Rezeption niemand etwas von den Beiden. Bei genauerer Recherche in unseren Aufzeichnungen zeigte sich dann, dass auch das Hotel anders hieß wie von Klaus-Peter beschrieben. Offenbar musste es noch ein zweites Hotel in der Nähe geben. Nach längerer Suche fanden wir es schließlich, wären aber fast wieder unverrichteter Dinge weggefahren, da der Besitzer mit den von uns genannten Namen nichts anfangen konnte und immer nur erklärte, die Saison sei zwar vorbei, aber wir könnten gerne noch ein Zimmer bekommen. Zufällig war Klaus-Peter gerade dabei Gepäck aus dem Auto zu holen und hörte uns, sodass der Überraschungsbesuch doch noch klappte und wir einen netten Abend bei einer Flasche Wein mit gegenseitigem Fragen und erzählen verbrachten. Freundlicherweise durften wir unser Auto für die Nacht neben dem Hotel stehen lassen, und brauchten nicht zu dem vorher ausgesuchten Stellplatz für die Nacht zurückfahren.
Bereits vor einigen Tagen hatte uns in Tamnougalt unser netter Guide beim Wiedersehen erzählt, dass es nächste Woche in ganz Marokko Regen geben wird, da am Freitag in allen Moscheen für Regen gebetet worden ist. Dem Regenbogen nach, der sich am Nachmittag vom Atlas in vollem Bogen bis in die südliche Wüste erstreckte hat Allah zumindest guten Willen gezeigt, bis auf ein paar Tropfen ist aber südlich des Atlas nicht viel heruntergekommen. Das muß wohl alles bereits in höheren Luftschichten verdunstet sein.
Der heftige Wind blieb uns allerdings bis zum nächsten Morgen erhalten und sorgte für winterliche Temperaturen von ca. 6 Grad in der Nacht. So verzogen wir uns fürs gemeinsame Abendessen ins geheizte Berberzelt des Hotels und blieben dann noch eine weitere Nacht neben dem Hotel auf einer Anhöhe am Seeufer, während der Wind an unserem Auto rüttelte. Morgens war der Spuk dann vorbei, der Himmel leuchtend blau, die Luft klar und die gesamte Kette des Atlas schneeweiß. Nach Frühstück und Verabschiedung machten wir uns auf nach Tamdaghte, während Gabriele und Klaus-Peter Richtung Todraschlucht aufbrachen. Auf der ganzen Fahrt Nach Norden hatten wir das verrückte Panorama der schneebedeckten Berge hinter einer kahlen gelbroten Sand- und Geröllebene vor uns und hätten fast die Abzweigung ins Tal von Aït Ben Haddou verpasst, die schneller als erwartet auftauchte. Irgendwie hatte ich mir die Berge hier höher vorgestellt. Im Vergleich zu den Tälern, die wir vorher besucht hatten, wirkte die Landschaft hier noch sehr offen. Das änderte sich erst auf den wenigen Kilometern zwischen Aït Ben Haddou und Tamdakhte. Auch die Kulisse von Aït Ben Haddou am anderen Flussufer wirkte weniger imposant als erwartet. Der Ort entsprach dann eher dem erwarteten Bild mit seinen am Straßenrand aufgereihten Hotels und Touristenbussen. Wir hielten aber auch nur kurz um einen Blick hinüber zu werfen und fuhren die 4 km weiter nach Tamdakhte.
Kurz vor den ersten Häusern hielten wir abseits der Strasse um Merlin noch etwas Auslauf zu gönnen und in Ruhe noch einen Kaffee zu trinken. Dort wurden wir prompt von Hanne und Roger gesichtet, die kaum eine halbe Stunde später aus der Gegenrichtung von Teluet her die Straße herunter gefahren kamen. Also wurde erst einmal neuer Kaffee gekocht und erzählt, bevor wir dann gemeinsam unser Quartier für die nächsten Tage in Augenschein nahmen. Beim Tee auf der Dachterasse nach herzlicher Begrüßung durch Colette und Michel tauchten dann auch Bernhard und Arnim auf. Damit war die Geburtstagsrunde komplett und ein gemütlicher Abend konnte ungehindert seinen Lauf nehmen. Colette und Michel und die gesamte Crew der Kasbah Ellouze samt den 4 Dromedaren machten es allen leicht, sich hier sofort Zuhause zu fühlen und uns war schnell klar, dass wir keinen besseren Ort hätten finden können.
Die verbleibenden Wände zwischen den Kammern waren teilweise durchbrochen, so dass man sehen konnte, dass sie an manchen Stellen nur 5-10cm dick gewesen waren. Da müssen schon Spezialisten am Werk gewesen sein. Zurück in der Kasbah verbrachten wir den Nachmittag bei Tee und Keksen auf einer der vielen Terrassen, bevor sich alle fein machten für den Abend. Dank Klaus-Peters Engagement hatte Colette die Musiker der Nachbardörfer zusammengetrommelt, die den Abend lautstark eröffneten und im wahrsten Sinne des Wortes die Gäste zusammentrommelten. Auch für die Berber der Nachbarschaft im Ksar war das ein besonderes Ereignis und durch das offene Eingangstor, das aus dem Innenhof der Kasbah in den Ksar hinausführte, konnten wir die Männer beobachten, die sich draußen sammelten. Omar, Parkwächter und Kamelführer der Kasbah konnte keine 5 Minuten einfach zuhören und entpuppte sich als temperamentvoller Vortänzer und Animateur, der es schaffte, auch uns tanzfaule Europäer zum Mitmachen zu bewegen und auch die Männer vor der Kasbah machten mit.
Die Musiker hatten sichtlich Spaß am Spielen und wenn einer der Trommler mal eine Pause brauchte, sprang sofort einer von draußen oder einer von der Crew der Kasbah ein. Nach 2 Stunden war dann Zeit fürs Abendessen und die Musiker geleiteten uns mit einer improvisierten Berberversion von Happy Birthday in einen Nebenraum, wo bereits die Festtafel auf uns wartete. Colette hatte für uns ein Menü aus marokkanischen Spezialitäten zusammengestellt, dessen krönender Abschluss eine selbstgebackene Geburtstagstorte war, die von der ganzen Crew mit brennender Geburtstagskerze hereingebracht wurde. 3 Mal musste Carola die Kerze ausblasen, bevor alle, inclusive Fotograf, zufrieden waren. Während der ganzen Aktion sang die Crew noch einmal in einer Mischung aus Französisch, Arabisch und Berbersprache nicht schön, aber hemmungslos und laut das Happy Birthday und überreichte Carola ein kleines Präsent mit einer Geburtstagskarte, auf die sie in allen 3 Sprachen ihre Glückwünsche geschrieben hatten. Satt und erschöpft ließen wir den wundervollen Abend noch bei einer Flasche Wein ausklingen, bevor wir uns einer nach dem Anderen in unsere Betten zurückzogen.
Soviel zu einem besonderen Geburtstag, der Carola und allen, die dabei waren, sicher noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Inzwischen gibt es eine kleine Fußgängerbrücke über den Fluss, die aber auch von Eseln und Maultieren benutzt wird, denn die Straße und der neue Ort mit all den kleinen Hotels und Gasthäusern liegen auf der anderen Seite des Flusses und nach den Regenfällen der letzten Tage ist die Brücke doch bequemer, als den Fluss auf dem Maultierrücken, oder in großen Schritten von Sandsack zu Sandsack zu überqueren. 
Hier trafen wir auf dem Rückweg Gabriele, die unser Auto an der Strasse gesehen hatte, als sie mit Klaus-Peter von ihrer Tour nach Télouet zurück kam.
Die beiden hatten ihr Quartier nicht bei uns in Tamdakht, sondern hier in Aït Benhaddou aufgeschlagen und wir hatten uns eigentlich schon gestern Abend von einander verabschiedet. Bei einem Abschiedsdrink in ihrem Hotel – doppelt hält besser – schwärmten die beiden so von der Strecke nach Télouet, dass wir beschlossen, auch zu versuchen, auf diesem Weg weiter zu fahren und nicht über die Hauptstrasse zwischen Ouarzazate und Marrakesch. Mit Erzählen und Verabschiedung war es spät geworden, und so warteten unsere erfolgreich heimgekehrten Offroadfahrer schon hungrig auf uns und das Abschiedsessen, denn am nächsten Morgen war für alle Abreise angesagt…..
Die Strasse ist in diesem Abschnitt ganz neu gebaut und gut zu fahren. Die Ortschaften wirken sehr ursprünglich und haben sich offensichtlich noch nicht an den jetzt möglichen touristischen Durchgangsverkehr angepasst. Nicht wie weiter unten an der Strasse, wo überall Hotels, Restaurants und Cafés um Kundschaft werben. Teilweise erinnerten uns die Orte an Bergdörfer in Nepal. Je höher man kommt, desto mehr verschwindet die Lehmbauweise des trockenen Südens und wird ersetzt durch Steinbauten. Es wird auch wieder grüner und auf den Berghängen tauchen mehr und mehr Bäume und Sträucher auf. Offenbar schaffen es die Wolken manchmal bis hierher über die Berge Regen zu bringen. In Télouet angekommen hat man das Gefühl in einem ganz anderen Land zu sein. Auf dem Hinweg über die Berge vor 6 Wochen ist uns das nicht so krass aufgefallen wie jetzt hier. Die berühmte Kasbah der Glaoui, die hier steht, hat außer dem Namen nichts gemeinsam mit den typischen Kasbahs des Süden. Aus Bruchstein gebaut, verwinkelt, mit vielen Türmchen, wirkt sie eher wie eine mittelalterliche Ritterburg aus Europa. 
Der Ort wirkt ärmlich und rauher. Man sieht ihm an, dass es hier auf 1700m Höhe sehr nass und kalt werden kann. Nach einem Omelett Berbère in einem der kleinen Straßenlokale fühlen wir uns gestärkt den bisher höchsten Pass auf unserer Reise zu überqueren und den Hohen Altlas hinter uns zu lassen.
In abenteuerlichen Serpentinen geht es hinauf auf 2250m und auf der anderen Seite wieder hinunter. Bei etwa 2000m stoßen wir dort von oben in die Wolkendecke hinein und es wird regelrecht dunkel.
Die nächsten 1000 Höhenmeter geht es nur im Schritttempo mit Warnblinkanlage und voller Beleuchtung weiter hinunter. Dichter Nebel und Nieselregen und Temperaturen unter 10 Grad sind keine guten Voraussetzungen für eine Fahrt auf dieser schmalen, wenig gesicherten Passstrasse. Wir kommen aber heil hinunter, der Himmel lichtet sich und das Thermometer steigt wieder auf freundliche Werte, als wir in der Ebene von Marrakesch auf 400m Höhe ankommen. Dank Navi durchqueren wir stressfrei die Millionenstadt und finden 10 km nördlich den komfortablen Campingplatz, wo wir unser Auto in Ruhe vom Wüstenstaub befreien können und bei der Gelegenheit gleich Bilanz bei unseren Vorräten machen. Nur wenige Kilometer vom Campingplatz entfernt gibt es nämlich einen großen Marjane Supermarkt, der alles hat, was es sonst hier nicht gibt, allerdings auch zu teilweise exotischen Preisen. Mit aufgefüllten Vorräten geht es am nächsten Morgen knapp 200km nach Nordwesten an die Atlantikküste, wo wir in der Nähe eines kleinen Fischerdorfes noch ein paar Tage ausspannen wollen, bevor wir die Rückreise nach Hause antreten. Aus dem trockenen Süden kommend, finden wir hier alles viel grüner, auch wenn die meisten Felder um diese Jahreszeit auch hier nur kahle Erde zeigen. Man erkennt aber, dass hier intensiv Landwirtschaft betrieben wird und auch die Bewässerungssysteme einen intakteren und gepflegteren Eindruck machen und vor allem auch Wasser führen! Kurz vor Sonnenuntergang erreichen wir unser Ziel und endlich darf Merlin wieder am Strand herumtoben – Sand ist eben doch nicht gleich Sand!
Die Dünung ist hier am offenen Meer recht kräftig und donnert an unserem Übernachtunspatz recht lautstark auf die Felsen, die sich hier mit Sandabschnitten abwechseln. Mal sehen wie wir da schlafen können….
Die Besitzer mochten mich und die Angestellten haben mich auch gekrault. Na ja die Frauen haben sich das nicht getraut.
Also von mir aus hätten wir da bleiben können. Ich glaube, auch Carola und Manfred fiel es schwer weiterzufahren.
Das ist auch okay. Aber nach dem trinken von Meerwasser bekommt man einen höllischen Durst. Gestern am Strand wurde ich dann mit einer marokkanischen Großfamilie immerwieder fotografiert. Ich habe nur nicht verstanden, warum die sich bei Manfred bedankt haben. Ich war doch die Hauptperson.
Am nächsten Morgen ging es dann weiter nordwärts in die alte portugiesische Hafenstadt El Jadida. Der dortige Campingplatz war nicht schön, lag aber sehr zentral, sodass wir abends zu Fuß die Strandpromenade entlang in die Innenstadt laufen konnten. Aus portugisischer Zeit existiert eigentlich nur noch die, einer mittelalterlichen Festung gleichende Altstadt an Hafen. Die ist aber dafür hervorragend erhalten und sogar noch bewohnt.
Was heute in den noch deutlich erkennbaren Kirchenbauten ist, konnten wir allerdings nicht herausfinden. Mitten in der alten Festung befindet sich ein wunderbares altes unterirdisches Gewölbe, das einmal als Zisterne gedient haben könnte. Direkt vor der Festung begann der lebendige Souk und da mussten wir natürlich auch durch bevor wir den Rückweg über die moderne Strandpromenade antraten.
Für die nächste 100km um Casablanca herum nahmen wir die neue Autobahn und konnten den Moloch so ganz gut und zügig umgehen. In Mohamedia beginnen die Strände nördlich von Casablanca und so haben wir hier noch eine letzte Nacht am Atlantic eingeplant. Von Strandidylle aber auch hier keine Spur, dunkle Wolken und heftiger Wind, der die Gischt der Brandung weit ins Land hinein trägt laden nicht zu Spaziergängen. Dazu kommt, dass rechts und links vom Campingplatz große mehrstöckige Wohnsiedlungen entstehen, sodass man sich vorkommt wie beim Picknick auf einer Großbaustelle. So fällt uns der Abschied vom Atlantik nicht schwer, als wir am nächsten Morgen Richtung Nordosten nach Chefchaouen aufbrechen. Kurz vor Ouezzane treffen wir auf unsere Route vom Anfang der Reise und fahren ein Stück auf vertrauter Strasse. In Ouezzane biegen wir dann aber ab nach Norden und fahren durch die Ausläufer des Rifgebirges in die blaue Stadt Chefchaouen. Auf der Anreise hatten wir um diese Region noch einen Bogen gemacht, weil sie wegen der großen Cannabis-Anbaugebiete im Rifgebirge als etwas unsicher gilt. Chefchaouen zählt jedoch zu den schönsten Städten Marokkos und seine Altstadt wurde in den 60ern zum Weltkulturerbe erklärt. Die Stadt wurde um 1450 von aus Spanien fliehenden Mauren gegründet und war wegen des alten Hasses der Mauren auf die Christen, die sie aus Andalusien vertrieben hatten, bis 1960 für Christen verbotenes Territorium. 
Die gut erhaltene maurische Altstadt hat aber ihr touristisches Potential erkannt und man wird inzwischen als Europäer nicht mehr schief angeschaut. Blaue Stadt wird sie genannt, weil Blau in allen Schattierungen die Fassaden der Häuser, nicht nur der Altstadt, eindeutig dominiert.