Am Rande der Wüste…

Weit war es ja nicht mehr, und so ließen wir uns Zeit mit dem Aufbruch. Kurz vor der allgemeinen Siesta schafften wir es gerade noch zurück ins Zentrum von Tagounite zu fahren und unsere marokkanische SIM-Karte auf unseren Namen registrieren zu lassen. In den letzten Tagen hatten sich die SMS von unserem Anbieter gehäuft, die uns, natürlich in arabischer Sprache, darauf hinwiesen, dass der Dienst demnächst eingestellt würde, wenn wir dies nicht tun. Offenbar ist man auch hier vorsichtiger geworden und will anonyme Kommunikationswege unterbinden.

Dann verließen wir das Tal des Drâa, der sich ab hier in den ersten Ausläufern der riesigen salzigen Ebene der Hamada du Drâa verliert. Seit dem Bau des Stausees bei Quarzazate, südlich des Hohen Atlas, kommt hier nur noch ganz selten etwas Wasser an und auch der Salzsee Lac Iriqi westlich der Sanddünen des Erg Chegaga ist meist völlig trocken. Noch einmal klettert die Strasse über einen Ausläufer des Djebel Bani, dann tauchen die ersten Sanddünen auf. Neu sind die Schilder am Straßenrand, die auf die besonderen Lebensbedingungen in der Wüste hinweisen und um respektvollen Umgang mit der Natur und den knappen Wasserreserven bitten. Hier hat sich eines der beiden marokkanischen Zentren des Wüstentourismus entwickelt, und hätte die Coronakrise den Tourismus in den letzten Tagen nicht völlig lahmgelegt, wäre hier kurz vor dem jetzt abgesagten „Festival des Nomades“ sicher der Teufel los. Entlang der Strasse haben sich in den letzten Jahren dutzende von Camps und Hotels etabliert und überall werden Jeep- oder Cameltouren und Wüstenbiwaks angeboten. In Ouled Driss, 7km vor M’hamid, fanden wir einen schattigen Platz an einem kleinen Hotel direkt an den Sanddünen und beschlossen, hier erst einmal ein paar Tage zu bleiben. Gäste gab es kaum, und der Besitzer erzählte uns, dass er eigentlich für die nächsten 2 Wochen ausgebucht war, aber alle Buchungen storniert wurden, da die Grenzen inzwischen zu sind. Wir wunderten uns trotzdem über die Ruhe. Hatten all die französischen Wohnmobile, denen wir in den letzten Wochen begegnet waren, fluchtartig das Land verlassen?Wir genossen auf jeden Fall die Ruhe. Vormittags ist das Wetter ideal, um die Umgebung zu erkunden, nachmittags ist eher faulenzen angesagt, da die Temperaturen dann bis knapp 30Grad im Schatten ansteigen. In der Sonne ist es dann, auch nach 3 Wochen Akklimatisierung, kaum auszuhalten. Am Sonntag Nachmittag zogen Wolken auf und brachten statt Regen einen unangenehmen Sandsturm. Der feine Sand drang durch alle Ritzen und im geschlossenen Auto war es kaum auszuhalten. Wir flüchteten deshalb in die kühlen Räume des zum Camp gehörenden Hotels und ließen uns dort abends mit einem leckeren Menü verwöhnen. Die ganze Anlage ist in traditioneller Weise aus Lehm gebaut. Das Hotel ist ein quadratischer, dreigeschossiger Bau mit 4 Ecktürmchen auf dem Dach. In der Mitte befindet sich eine Art zentraler Belüftungsturm, der die großzügige Lobby, die das ganze Erdgeschoß ausfüllt, kühl hält, und den Sand nicht hereinläßt.Mit der Kühle der Nacht legte sich der Wind wieder, und als wir zum Auto zurückkehrten, erwartete uns draußen eine ruhige, sternenklare Nacht. Am Montag wollten wir eigentlich zum wöchentlichen Markt nach M’hamid fahren, liessen es aber bleiben, da Carola sich, dank Klimaanlage im Auto, erkältet hatte und wir nicht wegen Verdacht auf Corona in Quarantäne gesteckt werden wollten. Am Dienstag machten wir dann doch einen Ausflug nach M’hamid um etwas einzukaufen und uns ein Camp anzuschauen, das uns als Quartier am Rande der Wüste empfohlen worden war. Im Camp wurden wir sehr freundlich empfangen und nach einem Tee verabredeten wir in ein paar Tagen wiederzukommen. Für die nächsten Tage war starker Wind angekündigt und den wollten wir erst noch an unserem jetzigen geschützterer Standort abwarten. Auf dem Rückweg zu unserem aktuellen Stellplatz hielten wir in M‘hamid um noch ein paar Einkäufe zu machen. Der Ort selbst war ungewöhnlich ruhig, keine Touristen waren zu sehen und alle Cafés und Restaurants waren geschlossen. Offenbar waren zum Wochenanfang auch hier strengere Vorsichtsmaßnahmen beschlossen worden. Uns fiel auf, dass die meisten Marokkaner ihren Chech wie einen Schleier auch vor Mund und Nase hielten. Dabei hatte der für den nächsten Tag angekündigte Sandsturm. bisher nur ein paar kleine Böen vorausgeschickt. Abends, zurück am Hotel, hörten wir neben dem Ruf des Muezzin auch weitere Lautsprecherdurchsagen. Es klang, als würden die Lautsprecher der Muezzine dafür genutzt, die Bevölkerung über Covid-19 und entsprechende Vorsichtsmaßnahmen zu informieren.

2 Gedanken zu „Am Rande der Wüste…

  1. Hab den aktuellen Post gelesen, folglich: Seite funktioniert wieder. Und offensichtlich ist jener Zipfel Marokkos nicht von hier aus gesehen ein idyllisches Ende der Welt, sondern einfach eine vielleicht etwas andere Welt, die aber die gleichen Sorgen hat. Corona macht aus allem eine Welt.
    Ich hoffe, ihr kommt mit den geschilderten Bedingungen klar und könnt die Tage weiter genießen.

  2. Es ist immer wieder schön, eure Photos zu betrachten. Nicht nur, weil sie aus einem anderen Fleckchen Erde kommen sondern einen speziellen Blickwinkel haben.
    Schade, dass nun auch das Musikfestival abgesagt ist. Reisen bleibt also spannend. Passt gut auf euch auf.
    Alles Liebe von Ingrid Jakob.

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