Der Mittwoch begann mit strahlendem Sonnenschein von einem wolkenlosen Himmel. Nichts deutete auf den angekündigten Sturm hin. Das Wetter ist hier schwer einzuschätzen. Auch wenn keine Wolke zu sehen ist, kann plötzlich Sturm aufkommen, weil es ein paar 100 km entfernt geregnet hat. So war es dann auch. Gegen Mittag frischte der Wind auf, und wir verzogen uns in den Schutz des Hotels. Während des Sturms hatten wir viel Zeit uns mit den beiden anderen hier gestrandeten Reisenden auszutauschen und uns im Internet über die aktuelle Lage zu informieren. Im dritten Anlauf klappte es dann auch, uns beim Auswärtigen Amt zu registrieren. Alle waren wir uns einig, dass wir, solange die Lage im Land ruhig bleibt, hier am Rande der Wüste am Besten aufgehoben sind. Erst mit Sonnenuntergang beruhigte sich der Wind. Zurück am Auto war erst einmal putzen angesagt, denn der feine Sand dringt durch alle Ritzen ins verschlossene Auto und lagert sich überall als dünne Schicht ab. So hieß es dann Betten ausklopfen, Staub wischen und auskehren. Am nächsten Morgen entschieden wir dann in das einsame Camp am Beginn der Sanddünen umzuziehen, das wir vor ein paar Tagen besucht hatten. In M‘hamid deckten wir uns mit Trinkwasser und frischen Lebensmitteln ein und fuhren hinaus in die Wüste.In M’hamid endet die befestigte Straße, ab hier gibt es für die nächsten 100 km Richtung Westen nur noch Sand, Geröll und den Salzsee. Ein paar Pisten sind noch ein paar Kilometer befahrbar, danach geht es nur noch mit Geländefahrzeugen weiter. Kurz vor dem Camp, etwa 2km außerhalb der Stadt, fuhren wir uns prompt im weichen Sand fest: eine gute Gelegenheit unsere neuen Gastgeber kennenzulernen und unsere aufrollbaren Sandbleche zu testen. Gemeinsam gelang es uns, wieder festeren Grund unter die Räder zu bekommen und die letzten Meter bis zu unserem Standplatz für die nächsten Tage zurückzulegen. Im Camp, das von einem Berber und seiner europäischen Frau geführt wird, lebt zur Zeit eine kleine Gruppe gestrandeter Europäer, die hier in der Abgeschiedenheit, die weitere Entwicklung abwarten. Es gibt ein paar kleine Lehmhütten, einen Gemeinschaftsraum, einfache Duschen und Toiletten, Wasser, zwar etwas salzig, aus dem eigenen Brunnen, und Strom von Solarzellen. Gekocht und gegessen wird gemeinsam. Gegen den Staub wird ständig Wasser auf dem Boden versprengt. Etwas außerhalb des Camps gibt es noch ein Zelt zwischen den Dünen in das man sich zurückziehen kann. Ich glaube, hier können wir es gut ein paar Tage aushalten. In den Galerien werde ich in den nächsten Tagen ein paar Impressionen aus der Umgebung zusammentragen.
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Expedition zum Geldautomaten…
Nachdem in den letzten Tagen unsere Versuche an Bargeld heranzukommen gescheitert sind, weil der einzige Geldautomat in M’hamid defekt ist und uns auf Nachfragen versichert wurde, dass es im 30km entfernten Tagounite auch nicht besser ist, blieb als einzige Möglichkeit an Bargeld zu kommen nur ein Ausflug zurück in die 100km entfernte größere Stadt Zagora. Glücklicherweise ging es unserem Gastgeber ähnlich, und so beschlossen wir am Samstag Morgen, trotz Ausgangssperre, mit einem Taxi die Expedition zu wagen. In M’hamid gesellte sich noch eine Französin zu uns. Taxis haben offenbar noch am ehesten eine Chance durch die Kontrollen zu kommen. An der ersten Polizeikontrolle gleich am Ortsausgang gab es etwas Palaver, aber dann durften wir passieren. Auf der Strasse war praktisch kein Verkehr, und so kamen wir schnell voran. In den Ortschaften, die wir passierten, war es relativ ruhig, aber ein paar Geschäfte waren geöffnet und Menschen waren auf der Strasse zu sehen. An jedem etwas größeren Dorf waren Polizeikontrollen eingerichtet, die wir aber problemlos passieren konnten. In Tamegroute war offenbar Markttag, und es war deutlich belebter. Es gab aber keinen richtigen Markt, sondern die Händler standen verteilt am Straßenrand und verkauften ihr Obst und Gemüse direkt vom Lkw oder Karren. Kurz vor Zagora gab es dann eine größere Sperre an der jedes Fahrzeug kontrolliert wurde. Hier verlangte man von jedem von uns eine schriftliche Ausnahmegenehmigung, die wir natürlich nicht hatten, und in M‘hamid hatte man uns an der Kontrolle auch nicht darauf hingewiesen, solch eine Genehmigung zu beschaffen. So mußten wir am Straßenrand anhalten, unsere beiden Begleiter stiegen aus, und es wurde viel diskutiert und herumtelefoniert. Ich hätte ja gerne gewußt, was da abläuft, aber aus den wenigen arabischen Worten,die ich verstehen konnte, war nichts zu entnehmen. Nach in paar Minuten schien man sich geeinigt zu haben, denn die Beiden stiegen wieder ein, und wir durften weiterfahren. Zweihundert Meter weiter und zwei Kontrollposten später gab es erneut Pallaver. Man war offenbar nicht einverstanden, dass wir durchgelassen worden waren, und es bedurfte Überzeugungskraft unsere telefonisch erteilte Fahrerlaubnis durchzusetzen. In der Stadt angekommen, war es sehr ruhig.
Offenbar wurde die Ausgangssperre in den Städten konsequenter durchgesetzt. Die sonst sehr lebendige Hauptstrasse war fast menschenleer und 90% der Geschäfte waren geschlossen. Direkt an der Bank, an der wir angehalten hatten, war eine weitere Polizeikontrolle, die uns, da wir aus dem Stadtzentrum kamen, zuerst ignorierte. Als wir aber, nachdem wir alle mit Geld versorgt waren, dort auf unser Taxi warteten, kamen sie zu uns herüber und wollten unsere Pässe sehen. Besonders interessiert waren sie am Datum der Einreisestempel,und als sie merkten, dass wir bereits über 4 Wochen im Land waren, entspannten sie sich merklich und ließen uns in Ruhe. Der Rückweg verlief dann ohne Kontrollen. Nur mit dem Posten am Ortseingang von M‘hamid wurden ein paar Worte ausgetauscht. Ein paar Mal stoppten wir unterwegs, und unser Fahrer verschwand für einen Moment. Am Sahara Sky, einem exclusiven Hotel mit eigener Sternwarte, kam er dann mit einer Kiste Wein für unsere französische Begleiterin zurück. Die Beschaffung alkoholischer Getränke ist außerhalb der großen Städte offenbar nicht so einfach. In M‘hamid herrschte im Gegensatz zu heute Morgen fast normales Leben, und wir nutzten die Gelegenheit, noch ein paar Lebensmittel zu kaufen und beim Bäcker frisches Brot zu holen. Dann kehrte unsere Expedition zurück ins Basislager.
Alltag im Ausnahmezustand
Inzwischen hat sich bei uns eine Art Alltagsroutine eingestellt, angepasst an das Leben in der Wüste. Unsere Gruppe besteht derzeit aus 8 Personen aus Marokko, Polen, Frankreich und Deutschland. Mohammed, der Eigentümer ist ein erfahrener Beduine, angepaßt an das karge Leben hier, vermittelt er das Gefühl im Notfall auch mitten in der Wüste unser Überleben sicherstellen zu können. Einmal am Tag fährt jemand in den Ort und bringt Lebensmittel und lokale Gerüchte. Ansonsten stehen wir in Kontakt mit der deutschen Botschaft in Rabat. Von dort bekommen wir alle aktuellen Informationen. Seit Sonntag 15:30 besteht in Marokko eine Ausgangssperre und ein Reiseverbot zwischen den Städten. Um Mitternacht hat Spanien die Grenzen nach Marokko komplett abgeriegelt. In den Fährhäfen und an den Grenzen der spanischen Enklaven stehen offenbar hunderte Wohnmobile, die versucht haben noch heraus zu kommen und jetzt wegen des Fahrverbots dort ohne vernünftige Versorgung festsitzen. Über eine Facebookgruppe der gestrandeten Deutschen kamen Bilder von der Grenze nach Ceuta. Danach stehen dort alleine über 500 Wohnmobile in einer kilometerlangen Schlange und kommen nicht weiter. Dagegen machen wir hier Luxusurlaub. Es gibt einen eigenen Brunnen, der zwar salzig ist, aber genug Wasser zum Waschen liefert.Es wird zusammen gekocht und abends zusammen am Lagerfeuer gesessen. Was kann man sich in der augenblicklichen Situation mehr wünschen? Mit etwas Glück können wir hier abwarten, bis sich die Situation in Europa gebessert hat. Unsere einzige Sorge ist, dass es irgendwann zu heiss wird. Im Mai können die Temperaturen hier über 40 Grad steigen und auch Nachts nicht unter 30Grad sinken. Dann müssen wir versuchen, irgendwie in die Berge zu kommen, falls die Grenzen noch immer zu sind.
Regen in der Wüste….
Heute ist unser 7. Tag hier im Desert Camp Chraika, und wenn das Wetter uns nicht ab und zu etwas Abwechslung bieten würde, wären die Tage schwer auseinander zu halten.
Nur die Sonne und der regelmäßig aus der Ferne tönende Ruf des Muezzin geben dem Tag etwas Struktur. Den Sonnenaufgang können wir bequem aus dem Bett anschauen. Das ist die kälteste Zeit des Tages, denn das Thermometer fällt im Laufe der Nacht, auch nach sonnigen Tagen, auf etwa 10 Grad. Da wartet man mit dem Aufstehen lieber bis die Sonne etwas höher geklettert ist und die Luft aufgewärmt hat. Erst dann, so gegen 9:00 Uhr, erwacht das Leben hier, und die ersten Frühaufsteher erscheinen aus ihren Hütten und verschwinden in der Küche, um den ersten Tee aufzusetzen. Gegen 14:00 Uhr erreicht das Thermometer seinen Höchststand, der je nach Wind 24 -28 Grad betragen kann. Das klingt noch harmlos, bedeutet aber, dass man es bei der intensiven Sonnenstrahlung in der Sonne nicht mehr aushalten kann, und sich jeder lieber einen Platz im Schatten sucht. Ab 18:00 Uhr, wenn das Licht wieder sanfter wird, kehrt auch wieder Leben ein, und zum Sonnenuntergang sucht sich jeder einen Platz auf einer Sanddüne, um das Spektakel zu genießen.
Vorgestern kam dann Wind auf, was bedeutet, dass es irgendwo am Rande der Berge geregnet haben muß. Vom Sand gelbgefärbte Windhosen am Horizont zeigen, dass der Wind schnell unangenehm werden kann, besonders wenn die Windhosen näher kommen…
Da heißt es schnell alles in Sicherheit bringen und festbinden und alle Luken schließen. Mein Versuch den näherkommenden Sturm filmisch festzuhalten, scheiterte schnell, als eine Böe das Kamerastativ umriß. Gestern begann der Tag wieder sanft mit blauem Himmel. Gegen Mittag zogen dann richtige Wolken auf, und die ersten Tropfen fielen. Mitten im Geschehen wechselte der Wind ständig die Richtung, aber der Regen verhinderte, dass der Sand aufgewirbelt wurde, sodaß wir nicht alle Luken schließen mussten. Nach 2 Stunden war alles vorbei und die Landschaft zeigte wieder ein völlig neues Gesicht. Der Sand hatte eine dunkelbraune Farbe angenommen und die Berge in der Ferne waren fast schwarz, als die Sonne wieder unter den Wolken auftauchte und uns einen ganz besonderen Sonnenuntergang bescherte.
Wo sind wir eigentlich?
Ich habe heute mal die Karte mit unserer Reiseroute aktualisiert und auf Satellitenansicht umgestellt. Wer es noch nicht gesehen hat: die Karte findet ihr unter dem Menüpunkt Reiseroute oder direkt hier : Reiseroute Die Karte läßt sich beliebig zoomen und verschieben, und wer es größer haben will findet rechts oben in der Karte einen rechteckigen Rahmen. Klickt man darauf, öffnet sich die Karte in google maps.
Ab Marrakesch gibt die blaue Linie, auf wenige Meter genau, exakt wieder, wie wir gefahren sind. Am Ende der Linie findet ihr ein Symbol dort wo unser Auto gerade steht. Die Hütten unseres Camps und die Sanddünen dahinter sind auf dem Satellitenbild gut zu erkennen. Das Bild ist allerdings nicht ganz aktuell, sodaß einige neuere Gebäude fehlen.
Wer Spaß daran hat, kann uns, sozusagen aus der Vogelperspektive nachreisen…..
Viel Spaß