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Wie geht die Reiseroute weiter?

Bis hierher waren wir über die Reiseroute einig, alles weitere wollten wir vor Ort entscheiden. Klar ist nur, dass wir Mitte März in امحاميدالغيزلان(M‘hamid) am Rande der Hamada du Drâa sein wollen. Also entweder über Marrakech und eine der Passstraßen über den Hohen Atlas, oder im Bogen entlang der Küste Richtung Agadir….

Die Entscheidung fiel für die uns bisher noch unbekannte Route über den Tizi-n-Test Pass. Der Wetterbericht versprach für die nächsten Tage sommerliche Temperaturen über 30 Grad in Marrakech, da sollten die Pässe frei sein und in den Berge angenehme Temperaturen zu erwarten sein.

Also ging es am nächsten Tag auf die Autobahn Richtung Rabat und Casablanca. Kurz vor Casablanca fuhren wir Merlin zuliebe noch einmal für eine Mittagspause ans Meer, bevor wir die Küste Richtung Marrakech verließen. Knapp 600km sind auch auf der Autobahn eine lange Strecke, da ist eine Unterbrechung immer willkommen, zumal die Landschaft nicht viel zu bieten hat, nur endlose trockene Felder, Gemüseplantagen und Bananentreibhäuser. Erst kurz vor Marrakech wird die Landschaft interessanter und abwechslungsreicher. Man hat den Eindruck erst hier Südeuropa wirklich zu verlassen und Afrika zu betreten.

Mit dem Sonnenuntergang erreichten wir den komfortablen Campingplatz etwa 10km vor der Stadt. Hier treffen sich alle Wohnmobilfahrer, die über den hohen Atlas wollen oder von dort kommen mit denen, die sich die Stadt anschauen wollen, aber froh sind, abends aus dem Trubel entkommen zu können.

Wir genossen den lauen Abend und saßen bis in die Nacht draußen bei Temperaturen um 20 Grad.

Eine heiße Dusche am Morgen und frisches Baguette zum Frühstück ist natürlich auch nicht zu verachten.

Am nächsten Morgen ging es dann einmal quer durch die Stadt hinaus in die Berge.

An einem Stausee, der die Wasserversorgung von Marrakech sichern soll, wollten wir Merlin ein Bad gönnen, denn das Thermometer kletterte gegen Mittag trotz Berge deutlich über 20Grad. Der See war jedoch bis auf einen kläglichen Rest ausgetrocknet. Offenbar hat es diesen Winter wenig Regen und Schnee gegeben, und der Wasserbedarf der modernen Großstadt Marrakech kann kaum noch befriedigt werden. Die marrokanische Freizeitindustrie hat aus der Not eine Tugend gemacht und nutzt den ausgetrockneten See als Abenteuergelände für Quadfahrer. Entsprechende Fahrzeuge kann man rund um den See ausleihen.

Auch wir fuhren rund 500m in den See hinein, damit Merlin doch noch zu seinem Bad kam. Dann ging es weiter hinauf in die Berge. In أمزميز(Amizmiz) war Markttag und wir nutzten die Gelegenheit um unsere Vorräte an Brot und Gemüse etwas aufzufrischen, bevor es nach einem Kaffee weiterging.Obwohl wir uns inzwischen in etwa 900 m Höhe befanden, stieg das Thermometer munter weiter Richtung 30 Grad, und so nutzten wir die Chance, als wir einen schmalen Weg entdeckten, der von der Straße hinunter an den Fluss führte, um unsere Tagesetappe vorzeitig zu beenden. Dank der Trockenheit fanden wir einen ebenen Platz mit stabilem Untergrund, der als Übernachtungsplatz geeignet war. Sicherheitshalber drehten wir das Auto so, dass wir im Notfall schnell wieder höheres Gelände erreichen könnten. Auch wenn es nicht nach Regen aussah, kann man in den Bergen nie wissen….Der Rest des Tages verging mit faulenzen im Schatten!! (An die Sonne mußten wir uns erst einmal gewöhnen!)

Nach einer ruhigen kühlen Nacht, das Flüsschen war brav in seinem Bett geblieben, wurden wir erst unruhig, als die Sonne über die Berge kletterte und es schnell warm wurde. Eigentlich hatten wir die Stadt Taroudannt südlich des Hohen Atlas als Tagesziel angepeilt, aber der Wetterbericht sagte dort für morgen Temperaturen von über 36 Grad voraus. Kein Wetter um in einer Stadt herumzulaufen oder Merlin gar alleine im Auto zurückzulassen. Also beschlossen wir, die Etappe zu kürzen und noch einen weiteren Tag in den Bergen zu bleiben.

In Tinmal, heute ein kleines Bergdorf von kaum 200 Einwohnern, machten wir einen Abstecher zur in den 90er Jahren renovierten Ruine einer riesigen Moschee aus dem 12. Jahrhundert, heute nur noch Museum und deshalb auch für Nichtmuslime zu betreten. Kaum vorstellbar, dass es hier damals eine reiche Stadt gegeben haben muß, denn die Moschee bot Platz für gut 2000 Gläubige. Von hier verbreitete sich die Dynastie der Almohaden im 12. Jahrhundert über ganz Marokko, das moslemische Spanien, sowie Algerien und Tunesien.

Auf 1500m Höhe fanden wir etwas später abseits der Straße einen Platz, wo wir im Schatten einiger Bäume Mittagspause machen konnten. Das Thermometer hatte inzwischen selbst in dieser Höhe die 30 Grad Marke erreicht, aber dank eines leichten Windes war es im Schatten gut auszuhalten. Und wir hatten uns Sorgen gemacht, ob der Pass wegen Kälte und Schnee überhaupt passierbar ist…..

Am Nachmittag ging es dann in abenteuerlichen Serpentinen weiter hinauf. Auf 2200m Höhe, kurz vor dem Pass, beendeten wir die Tagesetappe auf einem einsamen Platz etwas abseits der Straße. Neuer Rekord: 58km in knapp 7Stunden, davon 40km bergauf und 17km bergab. Kurz vor Sonnenuntergang bekamen wir noch Gesellschaft von einem weiteren Wohnmobil und verbrachten den Abend bei netten Gesprächen und einem Glas Rotwein.

Vom Hohen Atlas zum Antiatlas

Sonntag 8.März, 13:00 Uhr. Wir sind jetzt 2 Wochen unterwegs, davon gut 1 Woche in Marokko. Wir haben unseren Tagesrhythmus inzwischen dem Klima angepasst, und so sitzen wir jetzt irgendwo in den Bergen des Antiatlas im Schatten eines Arganbaumes und genießen, dass es hier auf ca.1000m Höhe bei 24 Grad gut auszuhalten ist.

Aber alles der Reihe nach:

Von unserem Übernachtungsplatz vor dem Tizi n‘Test Pass fuhren wir hinauf auf die Passhöhe, wo wir in uns in einem kleinen Straßencafé erst einmal ein ausgiebiges Frühstück gönnten. Von hier oben hat man einen herrlichen Weitblick auf das, was hinter dem Hohen Atlas liegt: eine endlose dunstige Hochebene, die sich nach Westen von etwa 800m langsam zum Meer hin absenkt. Dort, auf halber Strecke ans Meer nach Agadir, liegt Taroudannt, unser Ziel. Da wir uns beim Frühstück auf dem Pass nicht von dem Ausblick und dem netten Gespräch mit anderen Reisenden trennen konnten, war es schon Nachmittag, als wir dort ankamen, und wir beschlossen für die Nacht noch 20km weiter Richtung Meer zu fahren. Dort sollte es einen netten Platz auf einer Biofarm geben. Heiße Dusche, Pool und ein grüner Garten locken doch sehr, wenn man durch diese staubige und vertrocknete Landschaft fährt.


Der Platz gefiel uns so gut, dass wir beschlossen, hier einen Tag Rast einzulegen und uns von der Überdosis Sonne zu erholen, die wir auf dem Pass abbekommen hatten. Erholt ging es dann gestern zurück nach Taroudannt, einer schönen Stadt, die auch Klein-Marrakesch genannt wird, aber nicht so touristisch ist. Direkt an der vollständig erhaltenen Stadtmauer, die die ganze Altstadt umgibt, gibt es einen Parkplatz, auf dem Wohnmobile auch über Nacht stehen dürfen. Da es am Morgen noch nicht so heiß war, durfte Merlin, im Schatten der mächtigen Stadtmauer, im Auto bleiben, während wir die Souks erkundeten. Gegen Mittag war es höchste Zeit zum Auto zurückzukehren und Merlin zu befreien, denn die Sonne brannte wieder mächtig. Mit einer Pizza to go, die man hier wie überall auf der Welt bekommt und viel Wasser, verbrachten wir den heißen Nachmittag im Schatten der Mauer mit Nichtstun.

In der Abendkühle durfte Merlin sich im nahegelegenen Park von den Kindern streicheln lassen. Hier trifft man sich, wenn die Hitze nachlässt zum Flanieren oder picknicken. Uns zog es danach noch einmal in die Gassen der Altstadt und Basare. Bei einer Tajine und frisch gepreßtem Orangensaft beschlossen wir den Abend.

Nach einer, dank des nur für ein paar Stunden aussetzenden Verkehrs, etwas unruhigen Nacht starteten wir früh Richtung Süden. Über eine kleine Nebenstraße fuhren wir durch die Soussebene und hinauf in den Antiatlas. Bei solchen Straßen bleibt hier immer etwas Abenteuer, denn die verfügbaren Karten sind oft ungenau oder veraltet und manche Asphaltstraße entpuppt sich als schlechte Schotterpiste und manche Piste wurde gerade frisch asphaltiert. Wir hatten diesmal Glück, der Asphalt blieb uns treu, wenn auch manchmal gerade ausreichend für ein Auto. Mittags nutzten wir ein Stück alte Piste, um an einer einsamen Stelle die Strasse zu verlassen und im Schatten einiger Arganbäume Tagebuch zu schreiben. Aber das hatten wir schon….

Von wegen einsame Stelle. Mit dem Schreiben war schnell Schluss, denn aus dem Nichts tauchten Besucher auf. Zuerst ein Mann, in zerschlissenen Badelatschen, offenbar in der Hoffnung bei uns zu besserem Schuhwerk zu kommen, leider vergebens. Wenig später tauchte eine Gruppe Mädchen auf. Zuerst vorsichtig, kamen sie aber schnell näher, als sie Carola sahen. Merlin jagte ihnen erst einen Schrecken ein, aber dann konnten sie ihn nicht genug anfassen und kraulen, und er ließ es brav über sich ergehen.

Zu unserem Tagesziel, dem 900 Jahre alten Agadir von Taguent, lag noch ein Stück Strecke vor uns und so verabschiedeten wir uns, an Ruhe war sowieso nicht mehr zu denken. Agadire sind steinerne Speicherburgen, die die nomadisierenden Berberstämme an unzugänglichen Stellen errichteten, um dort ihre Wertgegenstände und die Wintervorräte sicher aufzubewahren. Die Agadire waren stark gesichert und konnten von 5 Mann Besatzung verteidigt werden. Drinnen gab es hunderte kleine, in die steilen Wände eingelassene verschlossene Kammern, von denen jeweils mehrere einer Familie gehörten. Bis vor Kurzem war der Agadir von Taguent noch von einer Familie bewohnt, die Besuchern gerne alles zeigte. Als wir dort ankamen, erfuhren wir jedoch, dass der Agadir seit dem Tod des letzten Bewohners verschlossen ist. Dank der Hilfe eines freundlichen Dorfbewohners gelangte ich jedoch, vermutlich nicht ganz legal, hinein, während Carola und Merlin vor dem verschlossenen Tor warteten und konnte ein paar Aufnahmen machen. Wieder unten im Dorf tranken wir noch einen Kaffee bei dem Parkwächter, der uns trotz verkrüppelter Füße den steinigen Weg hinauf zum Agadir begleitet hatte, während seine alte Mutter neben unserem Auto saß, um auf es aufzupassen!

Zurück auf der Straße waren es nur noch ein paar Kilometer, bis wir, wie erhofft, auf eine zweispurige Asphaltstrasse stießen, von der aus der Agadir noch vor ein paar Jahren nur mühsam über eine steinige Piste zu erreichen war.

Wir bogen hier ab Richtung Nordost, denn wir wollen in den nächsten Tagen quer durch die Safranregion des Antiatlas hinüber ins Drâatal und dann das Drâatal hinunter nach Süden bis zu den Dünenfeldern des Erg Chegaga.

Campingplätze gibt es hier keine, und so nutzten wir die Gelegenheit einer von der Strasse abzweigenden Piste, um uns zwischen den kahlen Bergen einen ruhigen Platz für die Nacht zu suchen, bevor die Sonne hinter dem Horizont verschwand.

Über den Antiatlas ins Drâatal

Auch wenn die Sonne tagsüber ordentlich brennt, werden die Nächte in 1600-1800m Höhe ganz schön kalt. Da traut man sich erst aus den Federn, wenn die Sonne über die Berge geklettert kommt und etwas Wärme spendet.

So wird es schnell 11:00Uhr, bevor wir wieder unterwegs sind.

Unsere Tagesetappe führte uns von hier ca.150km Richtung Nordosten, quer über und durch den Antiatlas.

Überall wo es etwas Wasser gibt werden hier Argan- und Mandelbäume angebaut. In Igherm, dem einzigen größeren Ort auf unserer Strecke, trafen wir in einem Straßencafe ein junges Paar mit Kleinkind aus Deutschland, die ihre Elternzeit für eine Reise durch Marokko, Spanien und Portugal nutzten. Natürlich wurde die Gelegenheit weidlich genutzt, um Informationen und Tipps auszutauschen. Beim Versuch, im Ort unsere Vorräte etwas aufzufrischen, stellten wir fest, dass es zwar Fleisch, Brot und Eier gab, aber frisches Obst oder Gemüse nicht zu bekommen war. In dieser Einöde wächst offenbar nichts Essbares und die Bewohner sind auf den, in jedem größeren Ort einmal wöchentlich stattfindenden Markt angewiesen. Dafür wird hier aus Honig, Arganöl und gemahlenen Mandel ein leckerer Brotaufstrich namens „Amlou“ hergestellt, den wir schon auf früheren Reisen kennengelernt haben.

Ein paar Kilometer weiter hatten wir in einem kleinen Ort mehr Glück.  Es war offenbar Markttag und so kamen wir doch noch zu unserem Obst und Gemüse.

Ab hier begann die Straße einem ausgetrockneten Flussbett folgend, langsam auf knapp über 1000m Höhe hinunterzuführen. Alle paar Kilometer mußte dabei das Flussbett durchquert werden, denn Brücken gibt es nicht. Diese Furten sind normalerweise betoniert und problemlos zu durchfahren. Hier schien aber vor einiger Zeit viel Wasser hinuntergeflossen zu sein, denn von einigen Furten existierten nur noch Fragmente, und man mußte diese auf provisorischen Pisten durchs Flußbett umfahren.


Später erfuhren wir, dass der letzte heftigere Regen 8 Monate her ist und es seither nur einmal vor 4 Monaten etwas geregnet hat.

So langsam wird die Landschaft wieder grüner und besiedelter.

In der Hochburg des Safrananbaus Taliouine erreichten wir wieder vertrautes Gebiet. Hier hatten wir 2017 mehrfach Halt gemacht und den Safranmarkt besucht, und so wußten wir auch, wo wir uns für die Nacht komfortabel einquartieren konnten.

Aus dem grünen Tal von Taliouine ging es am nächsten Morgen wieder weit hinauf in die kahle Bergwelt.

Auf über 1800 m Höhe gibt es hier eine der weltgrößten Lagerstätten von Kobalt- und Zinkerz. Entsprechend gut ausgebaut ist die Straße, die hinaufführt und das riesige Minengelände passiert.

In Tazenakht, dem Handelszentrum für Berberteppiche, hielten wir auch nur für einen Kaffee, obwohl die Stadt dieses Mal einen deutlich freundlicheren Eindruck hinterließ, als bei unserem Besuch vor 3 Jahren (siehe Reisebericht Marokko 2017).
Weiter, unserer damaligen Route in umgekehrter Richtung folgend, ging es von hier über eine Nebenstraße noch einmal hinauf in die Berge und vom Pass auf 1650m langsam hinunter Richtung Drâatal. 

Gegen 15:00 Uhr erreicht die Hitze um diese Jahreszeit ihren Höhepunkt, bevor zum Abend hin ein kühler Wind aufkommt und es wieder angenehmer wird. Trotz Klimaanlage im Auto bevorzugen wir um diese Zeit einen Platz im Schatten für eine ausgedehnte Siesta, den wir unter einer alter Akazie abseits der Straße glücklicherweise auch fanden. Die letzten Kilometer des Tages legten wir am späten Nachmittag zurück.

Unser Quartier bezogen wir dieses Mal nicht beim Kaid Ali im Palmenhain von Agdz, sondern auf einer kleinen Farm, ein paar Kilometer vor der Stadt. Hier haben eine Französin und ein Marrokaner ein kleines Camp eröffnet, wo man zwischen den Feldern unter Palmen herzliche Aufnahme findet und Merlin sich frei bewegen kann. Abends saßen wir noch lange draußen und genossen die laue Vollmondnacht. Dies ist ein Platz, den man genießen muss, und so blieben wir noch einen Tag länger hier.


Auf einer kleinen Wanderung durchs ausgetrocknete Flußbett hinter der Farm entdeckten wir ein paar Tümpel voller Frösche, die der Fluss bei seinem letzten Besuch übrig gelassen hatte. Merlin war begeistert. Endlich durfte er mal wieder richtig durchs Wasser toben und Frösche jagen, anstatt sich im Staub zu wälzen. So hat er jetzt auch mal wieder seine Originalfarbe, die in den letzten Tagen in ein mattes graubraun übergegangen war.

Neue Impressionen im Drâatal…

Auch wenn es uns bei Corinne und Fazid gut gefallen hat, zog es uns doch weiter in die Palmenoasen des Drâa. Dieses Mal fuhren wir nicht nach Asslim, sondern suchten uns am Südende von Agdz einen Weg aus der Stadt hinunter in die Oase, stellten unser Auto  im Schatten einer Palme ab und tauchten ein in den Irrgarten der schmalen Pfade, die sich in den Oasengärten verlieren. Dank GPS-Tracker fanden wir zurück zu unserem Auto und entdeckten hinter hohen Lehmmauern inmitten der Gärten ein kleines idyllisches Gästehaus. Der freundliche Besitzer hatte gerade das Tor in der Mauer aufgeschlossen und lud uns ein, sein kleines Paradies zu besichtigen. Dann ging es wieder weiter Richtung Süden. An einer Kreuzung lockte uns ein Straßencafé zu einem kurzen Halt, der dann länger als geplant wurde, denn hinter dem Haus entdeckten wir einen schattigen Garten, wo aus dem geplanten Kaffee unter duftenden Orangenbäumen ein komplettes Mittagsmenue wurde. Gesättigt ging es weiter zu unserem Tagesziel Zagora. Die Provinzhauptstadt Zagora hat in den letzten Jahren einen regelrechten Bauboom erlebt und präsentierte sich deutlich gewachsen und wohlhabender als vor 3 Jahren. Hier schauten wir uns nach einem neuen Platz für die Nacht um, fanden aber nichts, dass uns gefiel. Nach mehreren Besichtigungen landeten wir schließlich doch wieder etwas außerhalb der Stadt in den Palmengärten von Amezrou. Himi, den wir noch von unserem Besuch 2014 kannten, hat sich 2016 mit einem eigenen Camp selbstständig gemacht, das er mit sehr viel Engagement führt und das jetzt zu den schönsten Camps Marokkos zählt. Die hiesigen Plamengärten mit vielen alten Dattelpalmen, jeweils geschützt von hohen Lehmmauern, haben uns schon vor 6 Jahren fasziniert, und so nutzten wir das schöne Licht des späten Nachmittags für einen ausgiebigen Rundgang. Auch hier ist die Orientierung nicht leicht, denn die Wege verzweigen sich und wechseln ständig die Richtung oder enden in einem ummauerten Garten. Morgens, als wir aufstanden, lag bereits ein frisches noch ofenwarmes Brot auf unserem Tisch und so stand einem ausgiebigen Frühstück in der Morgensonne nichts mehr im Wege. Von hier ging es danach nur ein paar Kilometer weiter nach Tamegroute.  Das Dorf ist bekannt für seine grün lasierte Keramik und die Zaouia Nassiria. Sidi M´hamid ben Nassir hat hier im 17. Jh. eine Schule gegründet, die zu ihrer Blütezeit weit über 1000 Schüler beherbergte. Heute pilgern die Menschen hierher an sein Mausoleum für „Baraka“ (Segen) und hoffen auf Heilung von allerlei Gebrechen. Die ehemaligen Wohnräume der Schüler dienen heute als Pilgerherberge und Krankenstation. 2014 hatten wir das Glück, zum einmal jährlich stattfindenden Moussem, eine Art Pilgerfest mit Jahrmarktscharakter, hier zu sein und kamen nicht dazu, uns in Ruhe alles anzuschauen (siehe Reisebericht Marokko 2014). Das haben wir jetzt nachgeholt. Insbesondere die Bibliothek mit alten arabischen Handschriften wollte ich mir noch einmal genauer anschauen. Über 4000 Handschriften wurden hier erstellt und gesammelt, teilweise noch aus den 12. Jh stammend. Ein über 90-jähriger Mann im Rollstuhl, der von allen Anwesenden sehr ehrfürchtig behandelt wurde, erklärte uns in einem Kauderwelsch aus deutsch und französisch die Themengebiete der einzelnen Sammlungen und wies auf besonders schöne Exemplare in den Glasvitrinen hin. Leider ist Fotografieren hier streng verboten, sodaß ich keine Bilder machen konnte. Ein junger Berber, den ich in der Bibliothek angesprochen hatte, bot sich an, uns noch etwas herumzuführen. So hatten wir Gelegenheit, die Vorräume des Heiligtums zu betreten, wo die Pilger die Wirkung des vom Grab des heiligen Mannes ausgehenden Segens erwarteten. Das Grabmal selbst durften wir als Nichtmuslime nicht betreten, nur einen Blick hineinwerfen. Mit unserem Begleiter hatten wir dann auch Gelegenheit, den alten Ksar zu besuchen. Allein hat man kaum eine Chance sich darin zurechtzufinden, denn in den Wohnkomplex aus Lehm führen nur wenige Zugänge, und alle Wege sind überdacht. Etwa 1400 Menschen leben und arbeiten hier noch heute sozusagen unter einem Dach. Die berühmten grünen Töpferwaren werden nach alten Rezepten in Handarbeit hergestellt und ernähren viele Familien, die sich jeweils auf einen Arbeitsschritt spezialisiert haben. Eine Familie baut den Ton ab, eine bereitet ihn auf, und eine 3. Familie arbeitet an den in den Boden eingelassenen Töpferscheiben mit Fußbetrieb. Weitere Familien organisieren Brennmaterial für die Öfen, kümmern sich um die Lasur oder betreiben die Öfen. Zusammen bilden sie eine Kooperative, die den Erlös aus dem Verkauf teilt.Dann ging es weiter, immer dem Verlauf des Flusses folgend, der aber zur Zeit nur aus gelegentlich zwischen den Palmen auftauchenden Tümpeln besteht. Immerhin genug Wasser für Abkühlungen für Merlin. Wir hatten uns vorgenommen, dieses Mal nicht der Hauptstrasse zu folgen, sondern öfter die Flussseite zu wechseln und kleine Nebenstrassen oder Pisten zu erkunden, die sich jedoch alle als solide Asphaltstrassen erwiesen. Die Hauptstrasse selbst ist inzwischen zweispurig und hat beidseitig eine zusätzliche schmale Spur für Mopeds, Fahrräder und Karren. Erstaunlich, was hier in 3 Jahren geschaffen wurde. Auch die Ortschaften wirken weniger ärmlich und sauberer.

In Tagounite, etwa 30 km vor Mˋhamid beendeten wir unsere Tagesetappe in einem Camp zwischen dem Ort und dem weiten ausgetrockneten Flusstal, das hier mehr den Eindruck afrikanischer Savanne vermittelt. Offenbar verirren sich  nicht viele Reisende hierher, alle wollen die letzten 30 km bis zu den ersten Sanddünen hinter sich bringen, und so hatten wir den Platz für uns.

Am Rande der Wüste…

Weit war es ja nicht mehr, und so ließen wir uns Zeit mit dem Aufbruch. Kurz vor der allgemeinen Siesta schafften wir es gerade noch zurück ins Zentrum von Tagounite zu fahren und unsere marokkanische SIM-Karte auf unseren Namen registrieren zu lassen. In den letzten Tagen hatten sich die SMS von unserem Anbieter gehäuft, die uns, natürlich in arabischer Sprache, darauf hinwiesen, dass der Dienst demnächst eingestellt würde, wenn wir dies nicht tun. Offenbar ist man auch hier vorsichtiger geworden und will anonyme Kommunikationswege unterbinden.

Dann verließen wir das Tal des Drâa, der sich ab hier in den ersten Ausläufern der riesigen salzigen Ebene der Hamada du Drâa verliert. Seit dem Bau des Stausees bei Quarzazate, südlich des Hohen Atlas, kommt hier nur noch ganz selten etwas Wasser an und auch der Salzsee Lac Iriqi westlich der Sanddünen des Erg Chegaga ist meist völlig trocken. Noch einmal klettert die Strasse über einen Ausläufer des Djebel Bani, dann tauchen die ersten Sanddünen auf. Neu sind die Schilder am Straßenrand, die auf die besonderen Lebensbedingungen in der Wüste hinweisen und um respektvollen Umgang mit der Natur und den knappen Wasserreserven bitten. Hier hat sich eines der beiden marokkanischen Zentren des Wüstentourismus entwickelt, und hätte die Coronakrise den Tourismus in den letzten Tagen nicht völlig lahmgelegt, wäre hier kurz vor dem jetzt abgesagten „Festival des Nomades“ sicher der Teufel los. Entlang der Strasse haben sich in den letzten Jahren dutzende von Camps und Hotels etabliert und überall werden Jeep- oder Cameltouren und Wüstenbiwaks angeboten. In Ouled Driss, 7km vor M’hamid, fanden wir einen schattigen Platz an einem kleinen Hotel direkt an den Sanddünen und beschlossen, hier erst einmal ein paar Tage zu bleiben. Gäste gab es kaum, und der Besitzer erzählte uns, dass er eigentlich für die nächsten 2 Wochen ausgebucht war, aber alle Buchungen storniert wurden, da die Grenzen inzwischen zu sind. Wir wunderten uns trotzdem über die Ruhe. Hatten all die französischen Wohnmobile, denen wir in den letzten Wochen begegnet waren, fluchtartig das Land verlassen?Wir genossen auf jeden Fall die Ruhe. Vormittags ist das Wetter ideal, um die Umgebung zu erkunden, nachmittags ist eher faulenzen angesagt, da die Temperaturen dann bis knapp 30Grad im Schatten ansteigen. In der Sonne ist es dann, auch nach 3 Wochen Akklimatisierung, kaum auszuhalten. Am Sonntag Nachmittag zogen Wolken auf und brachten statt Regen einen unangenehmen Sandsturm. Der feine Sand drang durch alle Ritzen und im geschlossenen Auto war es kaum auszuhalten. Wir flüchteten deshalb in die kühlen Räume des zum Camp gehörenden Hotels und ließen uns dort abends mit einem leckeren Menü verwöhnen. Die ganze Anlage ist in traditioneller Weise aus Lehm gebaut. Das Hotel ist ein quadratischer, dreigeschossiger Bau mit 4 Ecktürmchen auf dem Dach. In der Mitte befindet sich eine Art zentraler Belüftungsturm, der die großzügige Lobby, die das ganze Erdgeschoß ausfüllt, kühl hält, und den Sand nicht hereinläßt.Mit der Kühle der Nacht legte sich der Wind wieder, und als wir zum Auto zurückkehrten, erwartete uns draußen eine ruhige, sternenklare Nacht. Am Montag wollten wir eigentlich zum wöchentlichen Markt nach M’hamid fahren, liessen es aber bleiben, da Carola sich, dank Klimaanlage im Auto, erkältet hatte und wir nicht wegen Verdacht auf Corona in Quarantäne gesteckt werden wollten. Am Dienstag machten wir dann doch einen Ausflug nach M’hamid um etwas einzukaufen und uns ein Camp anzuschauen, das uns als Quartier am Rande der Wüste empfohlen worden war. Im Camp wurden wir sehr freundlich empfangen und nach einem Tee verabredeten wir in ein paar Tagen wiederzukommen. Für die nächsten Tage war starker Wind angekündigt und den wollten wir erst noch an unserem jetzigen geschützterer Standort abwarten. Auf dem Rückweg zu unserem aktuellen Stellplatz hielten wir in M‘hamid um noch ein paar Einkäufe zu machen. Der Ort selbst war ungewöhnlich ruhig, keine Touristen waren zu sehen und alle Cafés und Restaurants waren geschlossen. Offenbar waren zum Wochenanfang auch hier strengere Vorsichtsmaßnahmen beschlossen worden. Uns fiel auf, dass die meisten Marokkaner ihren Chech wie einen Schleier auch vor Mund und Nase hielten. Dabei hatte der für den nächsten Tag angekündigte Sandsturm. bisher nur ein paar kleine Böen vorausgeschickt. Abends, zurück am Hotel, hörten wir neben dem Ruf des Muezzin auch weitere Lautsprecherdurchsagen. Es klang, als würden die Lautsprecher der Muezzine dafür genutzt, die Bevölkerung über Covid-19 und entsprechende Vorsichtsmaßnahmen zu informieren.