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Safran und Mandeln statt Ostereier

Die nächsten Tage führten uns noch einmal hoch hinauf in den Antiatlas. Carola machten die steigenden Temperaturen Probleme, und wir hofften in den Bergen zumindest deutlich kühlere Nächte zu finden. Wir verließen das Drâatal Richtung Westen auf einer Nebenstrasse nach Tazenakht. Die Strasse stieg konstant auf etwa 1200m Höhe an und zog sich dann durch eine einsame kahle Bergwelt, bis wir auf die riesigen Abraumhalden einer großen Mine stießen. Neben der Mine gab es ein paar Häuser und eine große Barackensiedlung. Alles war umzäunt, und kein Schild wies darauf hin, wer hier was abbaute. Als wir ein paar Kilometer weiter für eine Rast hielten, stoppte neben uns ein PKW. Der Fahrer erzählte uns, dass er seit vielen Jahren in der Mine arbeite und dass es sich um eine große Kobaltmine handele, dass aber neben Kobalt auch Kupfer, Nickel und Silber gewonnen werde. Er hatte das Auto voll mit Mineralbrocken, anhand derer er uns erklärte, woran man die verschiedenen Erze erkennen könne. Gerne hätte er uns auch den einen oder anderen Brocken verkauft, fand aber in uns keine Kundschaft. Er erzählte auch, dass viele deutsche Ingenieure in der Mine in leitenden Positionen arbeiten. Offenbar wurden sie gut bezahlt, denn auf der weiteren Strecke bis Tazenakht kamen uns viele teure BMWs, Mercedes und Range Rover entgegen. Tazenakht liegt auf etwa 1400m Höhe und ist bekannt als Zentrum des Handels mit den typischen Berberteppichen. Hier sollte es jeden Donnerstag und/oder Freitag einen großen Woll- und Teppichsouk geben, den wir uns nicht entgehen lassen wollten. Als wir am Donnerstag Nachmittag dort eintrafen, fanden wir das neue Soukgelände vor der Stadt völlig verlassen, während im Zentrum viel Leben war. Auf dem alten Soukplatz in der Stadt waren Händler dabei, ihre Stände aufzubauen. Überhaupt war das ganze Zentrum wie ein großer Markt aufgebaut. Mehrere lange Plätze waren beidseitig gesäumt von Häuserreihen mit Arkadengängen davor, in denen sich ein Laden oder Warenlager ans Andere reihte. Die Plätze dazwischen standen voller großer alter LKWs. Die Fahrer hatten sich im Schatten der Arkaden Plätze für ihre Siesta gesucht. Offenbar war der Freitag der eigentliche Markttag, was uns allerdings schon etwas verwunderte. Da es keinen Campingplatz im Ort gab, beschlossen wir, uns außerhalb einen ruhigen Platz zu suchen und morgen früh noch einmal nach dem Markt zu schauen. Auf der Karte des GPS entdeckten wir einen kleinen Stausee ein paar Kilometer außerhalb der Stadt. Sonst gab es eigentlich nur kahle Hügel und vor allem keine Möglichkeit die asphaltierte Hauptstrasse zu verlassen. Am Stausee fanden wir eine Piste auf eine, in den See hineinragende, baumbestandene Halbinsel. Ein idealer Platz für Merlin und uns. Allerdings schien er schon länger von Marokkanern als Picknickplatz genutzt worden zu sein, wie an dem herumliegenden Müll zu sehen war.Ein weiteres Wohnmobil stand auch schon dort, und von den Besitzern erfuhren wir, dass der Platz aktuell in den einschlägigen Internetforen als neuer Geheimtip gehandelt wird. Dadurch ließen wir uns den Platz aber nicht vermiesen, sondern genossen ihn als unsere Entdeckung!Morgens ging es dann zurück nach Tazenakht, gespannt, was uns auf dem Markt erwarten würde. Groß war unser Erstaunen, die Stadt in typischer Freitagsruhe zu erleben. Die LKWs waren verschwunden, die meisten Läden zu, und auf dem Soukplatz waren nur die Händler vom Vortag zu finden. Einzig einige große Teppichhändler hatten ihre Showrooms an der Hauptstrasse geöffnet. Um sicher zu gehen, fuhren wir noch einmal hinaus zum neuen Soukgelände, fanden aber auch das wieder verlassen vor. Offenbar wurde der Markt nicht jede Woche abgehalten. So gönnten wir uns noch einen Kaffee, bevor wir uns wieder auf den Weg machten, denn wir wollten noch weiter nach Taliouine, dem Zentrum des Safranhandels. Hier im Antiatlas auf Höhen zwischen 1400m und 1800m gedeiht dieser Krokus gut und verwandelt im Oktober die Berge in ein violettes Meer. Auf dem Weg zu unserem Auto kamen wir an einem kleinen geöffneten Laden vorbei, der eine Briefwaage auf dem Tresen stehen hatte. Das konnte nur bedeuten, dass bereits hier Safran verkauft wurde. Auf unsere Frage deutete der Händler auf mehrere kleine Plastikdosen, die neben der Waage auf dem Tresen standen und mit den roten Fäden gefüllt waren. Die Verständigung über den Preis stellte sich allerdings als schwieriges Unterfangen heraus, bei dem der Verkäufer einen Preis nannte, dann aber auf seinem Taschenrechner eine komplizierte Rechnung anstellte, die ein viel höheres Ergebnis erbrachte. Nach mehrfachem Hin und Her und Vorrechnen mit Zettel und Stift, einigten wir uns schließlich und erstanden ein paar Gramm.
Die 70km nach Taliouine entpuppten sich um diese Jahreszeit als relativ öde, langsam auf 1900m ansteigende Hochebene, bevor die Strasse sich kurz vor Taliouine wieder hinunter in ein Tal windet, dass sich nach Westen in die Souss-Ebene öffnet, die sich bis nach Agadir erstreckt.

Etwa 15 km vor Taliouine machten wir noch einen kleinen Abstecher in das Dorf Ifri. Hier gibt es einen, in eine überhängende Felswand hineingebauten, alten Agadir, den wir uns anschauen wollten. Eine schmale Staubpiste führte uns durch die Gärten mitten in den Ort hinein. Glücklicherweise fanden wir mitten im Dorf einen kleinen freien Platz, wo wir unser Auto abstellen konnten, bevor wir in den immer enger werdenden Gassen steckenblieben. Von hier ging es zu Fuß weiter, mitten durch den Ort bis hinauf zu der über dem Ort aufragenden Felswand. Im Nu hatten wir eine Horde Kinder um uns, die uns bis zum Tor des Agadir begleiteten. Während wir noch unschlüssig vor dem verschlossenen Tor standen, kam eine Frau mit dem Schüssel und ließ uns ein. Die Kinderschar mußte draußen bleiben, und verlief sich auch schnell, da es jetzt nichts mehr zu sehen gab. So konnten wir in Ruhe die verschachtelten Treppen und Durchgänge erkunden, von denen überall kleine verschlossene Türen zu den Lagerräumen der einzelnen Familien abgingen. Das Ganze war zum Teil höhlenartig in den Berg, zum Teil aus Feldsteinen unter den Felsüberhang gebaut worden. Manche Türen wirkten, als seien sie überhaupt nicht mehr zu erreichen, weil Teile der Felswand weggebrochen waren. (mehr Bilder in den Galerien)
Auf dem Rückweg zum Auto blieben wir völlig unbehelligt von den Kindern, offenbar gab es irgendwo etwas Interessanteres. Zurück an der Strasse ging es in der Nachmittagssonne die letzten Kilometer hinunter nach Taliouine.Auf etwa 1000m Höhe gelegen, im Norden der Hohe Atlas mit Gipfeln bis über 4000m, im Osten und Süden der Antiatlas mit 2000m bis über 3000m hohen Gipfeln, staute sich hier wieder die Wärme, und wir waren froh, etwas außerhalb des lebendigen Ortes, einen komfortablen Campingplatz mit Schatten und Pool zu finden.
Aber ständig konnte man auch nicht im Pool bleiben, und so beschlossen wir am Ostersonntag einen Ausflug weiter hinauf in die Berge zu machen. Bis auf gut 2000m sollte es eine Asphaltstrasse geben, die in dem Bergdorf Askoun endet, das seine Existenz wahrscheinlich auch nur dem Safrananbau verdankt. Die Landschaft hier oben erinnerte uns sehr an den Himalaya, mit den kleinen Dörfern und winzigen Terassenfeldern überall dort, wo die schroffe Natur es zuließ.

Auf den Feldern war um diese Jahreszeit das Getreide gerade reif, und man sah überall die buntgekleideten Frauen auf den Feldern hockend mit einer Sichel das Getreide schneiden und bündeln. Der Transport ins Dorf ging nur zu Fuß oder auf einem Esel. Wir suchten immer nach Safranfeldern, konnten aber keine finden – wir wussten aber auch nicht so recht, wonach wir Ausschau halten sollten.Askoun bestand nur aus ein paar Häusern, einem verlassen daliegenden Soukplatz und einer staubigen Strasse, an der sich ein paar winzige Läden und Cafés aneinanderreihten. Die Vielzahl der Lokale verwunderte uns in so einem winzigen Nest. Aber offenbar war dies der Marktflecken für die Dörfer im Umkreis von 20-30km. In einem der Läden, die alle im Prinzip nur aus einem dunklen vollgepackten Raum bestanden, der zur Strasse unter einem Vordach einen ebenfalls vollgepackten Tresen aufwies, fragten wir den Händler nach Safran. Er verstand uns sofort, und holte unter dem Tresen einen kleinen Plastikeimer mit Deckel hervor und nannte auch gleich seinen festen Preis: 50DH, entsprechend etwa 5,-€ wollte er für das Gramm Safran bester Qualität aus eigenem Anbau. Inzwischen war auch der Nachbarhändler mit einer Feinwaage dazu gekommen. Als wir 2 Gramm haben wollten, holte er einen 50DH Schein und einen 20 DH Schein heraus und legte die Scheine auf die eine Waagschale. Das entspräche genau 2 Gramm erklärte er uns lachend auf unsere verständnislosen Blicke und begann die andere Waagschale mit Safranfäden zu füllen.

Da auch wir gerade kein 2 Gramm Gewicht zur Hand hatten, mussten wir ihm glauben. Von unserem ersten Safrankauf wussten wir in etwa, wieviel Safranfäden einem Gramm entsprechen, und die Menge auf der Waagschale schien uns plausibel.Es war auch nicht so wichtig, ob Menge und Preis stimmten, die Aktion an sich war den Preis wert.
Nachdem der Handel geschlossen war, verabschiedeten wir uns und suchten einen Weg zurück zu der Strasse, die wir gekommen waren. Dabei stießen wir auf eine offenbar frisch asphaltierte Strasse, wo eigentlich nur eine schwierige Piste abzweigen sollte. Die Gelegenheit, auf anderem Weg wieder hinunter ins Tal zu kommen, anstatt 50 km auf der gleichen Strasse zurück zu fahren, ließen wir nicht ungenutzt, in der Hoffnung, dass die Strasse auch tatsächlich durchgängig neu ausgebaut war. Sie war es und führte uns in vielen Serpentinen hinunter, ohne uns jedoch auch nur eine Gelegenheit zu geben, die Strasse zu verlassen, um einen Übernachtungsplatz zu suchen. Kurz bevor wir in Aoulouz wieder die Hauptstrasse erreichten, wurden wir dann mit einem wunderbaren Platz am Ufer eines großen Stausees entschädigt. Zwischen blühenden Oleanderbüschen fanden wir eine ruhige Stelle, an der auch wir uns ein Bad im klaren Wasser gönnen konnten.

Bis zum folgenden Nachmittag blieben wir hier. Für Abwechslung sorgten eine Ziegenherde, ein paar nette Mädchen mit ihrem Vater und 2 Jugendliche, die unbedingt ein Foto von sich vor dem Wohnmobil haben wollten. Dann ging’s zurück nach Taliouine. 

Diesmal hielten wir in der Stadt an, bummelten die Hauptstrasse entlang und tranken einen Kaffee in einem der vielen Strassencafés, die in Marokko in keinem Ort fehlen. Für die Nacht fuhren wir dann wieder zu dem uns schon bekannten Campingplatz hinaus. Wir wollten noch eine Nacht bleiben, um am nächsten Morgen den hiesigen Souk zu besuchen, der der wichtigste Handelsplatz für den Safran aus der Region sein sollte. Vielleicht hatten wir ja dieses Mal Glück.

Auf dem Safranmarkt

Auf dem Safranmarkt
Dieses Mal stimmten Zeit und Ort, als wir am nächsten Morgen in die Stadt fuhren und durch den Fluß in den Stadtteil kamen, der eigentlich nur aus einem großen Souk besteht. Man kann sich gut vorstellen, was hier im Oktober los sein muß, wenn der neue Safran auf den Markt kommt. Selbst jetzt im April sah man noch überall zwischen der Marktständen Bauern, die auf einer Kiste ihre Waage aufgestellt hatten und ihren letzten Safran anboten. Ansonsten gab es alles, was ein arabischer Markt so zu bieten hat. Dabei sind die Bereiche wie im Basar klar aufgeteilt: die Obst- und Gemüsehändler alle beieinander, die Metzger für sich, selbst die Imker haben ihre eigene Marktgasse. Bei einem Safranbauern ( mit eigenen Gewichten! ) konnten nicht widerstehen unsere Safranvorräte noch weiter aufzustocken. Als Carola fragte, ob sie fotografieren dürfe, räumte er sofort seinen Platz hinter der Waage und forderte mich auf, seinen Platz für das Foto einzunehmen. So wurde ich kurzerhand zum Safranhändler ernannt, wie das Bild dokumentiert.

Weitere Impressionen hier als Galerie:

Über den Hohen Atlas

Als nächste Etappe hatten wir uns eine relativ selten gefahrene Passstrasse über den Hohen Atlas ausgesucht. Die Regionalstrasse R307 ist theoretisch durchgehend asphaltiert, wohl deshalb, weil sie den Zugang zu einer wichtigen Stromtrasse von den großen Solarkraftwerken bei Ouarzazate über den Hohen Atlas Richtung Mèknes und Fes sicherstellt. In der Praxis sieht das anders aus, da die Straße nach jedem Regen oder Schneefall durch Bergrutsche stark beschädigt wird und ständig ausgebessert werden muss. Manchmal ist sie für Tage nicht befahrbar. Da wir nicht wussten, wo wir uns über den aktuellen Straßenzustand informieren könnten, fuhren wir einfach drauflos und suchten uns am Nachmittag einen Stellplatz mit Überblick über die Straße, nachdem wir die ersten Ausläufer der Berge erklommen hatten. Hier konnten wir sicher sein, dass jedes Auto, das uns entgegen kam, nur über diese Straße gekommen sein konnte. Viele waren es nicht im Verlauf des Nachmittags. Dafür bekamen wir Gesellschaft von einem Paar aus Süddeutschland, das sich dieselbe Strecke ausgesucht hatten. Die beiden kamen direkt aus dem Drâatal und waren, ähnlich wie wir, auf der Flucht vor dem Wetter. Die Luft hatte sich bereits am Vortag mit Staub angereichert, sodass von der Sonne kaum noch etwas zu sehen war. Hier, ein paar hundert Meter über den staubigen Hügeln des Dadestals, war die Luft etwas klarer, aber die Ebene unter uns, ebenso wie die Berge vor uns, waren im Dunst verschwunden. Einen Hirten, der mit seinen Ziegen und Schafen über die Berge zu uns kam, konnten wir mit einem unserer letzten Verbandskästen glücklich machen, ansonsten hatten wir den Platz für uns.Am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg, die ersten Pässe zu überqueren.Insgesamt 6 Pässe hatten wir vor uns, davon 3 mit Höhen über 2000m. Nachdem wir gegen Mittag den ersten Zweitausender bewältigt hatten, wurde die Landschaft etwas grüner. Immer wieder wunderten wir uns, wenn wir in einem der steilen Täler ein Dorf und ein paar kleine Felder entdeckten. An einem niedrigen Steinhaus an der Strasse war ein Schild ‚Gite d’Etape‘ aufgemalt. Davor stand ein Plastiktisch mit 2 Stühlen. Hier hielten wir an, tranken einen Tee und durften uns mit dem stolzen Besitzer seine neuen Gästequartiere anschauen. Direkt neben der Teestube ging ein schmaler Pfad den Hang hinunter und man stand kurz darauf unterhalb der Strasse vor einem neu in den Hang hineingebauten, gemütlichen Gästehaus. Von außen nur ein lehmverputztes Haus mit einen Flachdach aus Lehm und Steinen, war es von innen mit allem ausgestattet, was man braucht. Nur die Gäste fehlten noch.Als wir ein paar Kilometer weiter an einer Gabelung der Strasse neben ein paar Häusern hielten, kam ich mit einem Mann ins Gespräch, der uns den Tipp gab, die hier abzweigende Strasse 12km bis zu ihrem Ende zu fahren. Dort solle der schönste Ort der ganzen Region liegen. Wir ließen uns darauf ein und haben es nicht bereut. Schon der Weg dorthin, immer an der Felswand eines engen Tals entlang ging es wieder 500m hinauf, hat den Abstecher gelohnt. Mehrere kleine Orten mussten durchquert Über den Hohen Atlas
Als nächste Etappe hatten wir uns eine relativ selten gefahrene Passstrasse über den Hohen Atlas ausgesucht. Die Regionalstrasse R307 ist theoretisch durchgehend asphaltiert, wohl deshalb weil sie den Zugang zu einer wichtigen Stromtrasse von den großen Solarkraftwerken bei Ouarzazate über den Hohen Atlas Richtung Mèknes und Fes sicherstellt. In der Praxis sieht das anders aus, da die Straße nach jedem Regen oder Schneefall durch Bergrutsche stark beschädigt wird und ständig ausgebessert werden muß. Manchmal ist sie für Tage nicht befahrbar. Da wir nicht wußten, wo wir uns über den aktuellen Straßenzustand informieren könnten, fuhren wir einfach drauflos und suchten uns am Nachmittag einen Stellplatz mit Überblick über die Straße, nachdem wir die ersten Ausläufer der Berge erklommen hatten. Hier konnten wir sicher sein,dass jedes Auto, dass uns entgegen kam, nur über diese Straße gekommen sein konnte. Viele waren es nicht im Verlauf des Nachmittags, dafür bekamen wir Gesellschaft von einem Paar aus Süddeutschland, die sich dieselbe Strecke ausgesucht hatten. Die Beiden kamen direkt aus dem Drâatal und waren ähnlich wie wir auf der Flucht vor dem Wetter. Die Luft hatte sich bereits am Vortag mit Staub angereichert, sodaß von der Sonne kaum noch etwas zu sehen war. Hier, ein paar hundert Meter über den staubigen Hügeln des Dadestals, war die Luft etwas klarer, aber die Ebene unter uns, ebenso wie die Berge vor uns, waren im Dunst verschwunden. Einen Hirten, der mit seinen Ziegen und Schafen über die Berge zu uns kam, konnten wir mit einem unserer letzten Verbandskästen glücklich machen, ansonsten hatten wir den Platz für uns.
Am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg, die ersten Pässe zu überqueren.
Insgesamt 6 Pässe hatten wir vor uns, davon 3 mit Höhen über 2000m. Nachdem wir gegen Mittag den ersten Zweitausender bewältigt hatten, wurde die Landschaft etwas grüner. Immer wieder wunderten wir uns, wenn wir in einem der steilen Täler ein Dorf und ein paar kleine Felder entdeckten. An einem niedrigen Steinhaus an der Strasse war ein Schild ‚Gite d’Etape‘ aufgemalt und davor stand ein Plastiktisch mit 2 Stühlen. Hier hielten wir an, tranken einen Tee und durften uns mit dem stolzen Besitzer seine neuen Gästequartiere anschauen. Direkt neben der Teestube ging ein schmaler Pfad den Hang hinunter und man stand kurz darauf unterhalb der Strasse vor einem neu in den Hang hineingebauten gemütlichen Gästehaus. Von außen nur ein lehmverputztes Haus mit einen Flachdach aus Lehm und Steinen, war es von innen mit allem ausgestattet, was man braucht. Nur die Gäste fehlten noch.
Als wir ein paar Kilometer weiter an einer Gabelung der Strasse neben ein paar Häusern hielten, kam ich mit einem Mann ins Gespräch, der uns den Tip gab, die hier abzweigende Strasse 12km bis zu ihrem Ende zu fahren. Dort solle der schönste Ort der ganzen Region liegen. Wir ließen uns darauf ein und haben es nicht bereut. Schon der Weg dorthin, immer an der Felswand eines engen Tals entlang, hat den Abstecher gelohnt. Mehrere kleine Orte mussten durchquert werden. Zweimal waren an der schmalen Strasse entlang Stände und winzige Unterstände aufgebaut, als würde hier gelegentlich ein Markt abgehalten. Magdaz selbst ist ein großer Ort, der sich einen steilen Hang hinaufzieht. Alle Gebäude wirken, als wären sie ohne Mörtel aus Natursteinen gefügt. Dabei sind sie bis zu 6 Etagen hoch. Dazwischen Türme, die zur Spitze hin immer schmaler werden, und oben rundherum auskragende Erker aufweisen. Die Strasse endet unterhalb des Ortes an einer steilen Treppe, die um den Berg herum in den Ort führt, sodaß sich das Ortsbild erst erschließt, wenn man die Treppe ein Stück hinaufgeklettert ist.
Es bleibt zu hoffen, dass nicht durch die Strasse jetzt auch hier der allgegenwärtige Beton Einzug hält.

Als wir staunend durch die Gassen kraxelten, winkte uns von einer Art Balkon im 4. Stockwerk eines Hauses hoch über uns am Hang ein Mann zu sich heran. Als wir 5 Minuten später bei seinem Haus ankamen, stand er bereits vor der Tür und lud uns ein, einen Tee mit ihm zu trinken. Der alte Herr hatte ein steifes Bein und konnte nur mühsam am Stock gehen. Er geleitete uns in seine gute Stube, aus deren zwei kleinen Fenstern man einen herrlichem Blick über das ganze Dorf hatte. Offenbar hatte er den Tee bereits vorbereitet, während wir zu seinem Haus hinaufkletterten, denn er verschwand und tauchte gleich wieder mit einem Tablett auf, dass er in einer Hand balancierte, während er sich mit der Anderen schwer auf seinen Stock stützte. Es war uns unerklärlich, wie er in der Lage sein sollte, sein Haus auch nur einen Schritt zu verlassen. Die Tür, durch die wir hereingekommen waren, führte ebenerdig in seine Räume, die von der Talseite gesehen im 4. Stockwerk lagen. Offenbar wurde er von anderen Bewohnern mit allem versorgt, was er brauchte. Es war sehr schade, dass wir nur wenig Verständigungsmöglichkeiten hatten, denn er sprach offenbar nur einen Berberdialekt. Trotzdem hatten wir den Eindruck, dass er sich über unsere Gesellschaft freute, denn er erzählte viel und scherzte mit uns herum. Später, zurück am Auto,hatten wir das Gefühl, in einer völlig anderen Welt gewesen zu sein. Weit kamen wir an diesem Tag nicht mehr. Nach 9 Stunden hatten wir 86km zurückgelegt. Sowohl bergauf, als auch bergab mussten wir wegen der Steigung oder der kaputten Strasse oft im ersten Gang fahren, und schafften so nur einen Schnitt von 20-30km/h. Viele Gelegenheiten zum Übernachten gab es nicht, und so war es nicht erstaunlich, als an der ersten größeren ebenen Fläche neben der Strasse das Paar, mit dem wir schon die letzte Nacht den Platz geteilt hatten, auf uns wartete. Sie hatten bereits Wetten abgeschlossen, ob wir es heute noch bis hierher schaffen würden, als wir in der Dämmerung bei ihnen eintrafen.Der nächste Tag bescherte uns noch zwei weitere Pässe, die über 2000m hinaufführten, bevor die Landschaft lieblicher wurde und die Strasse uns sogar durch Wälder führte.In Imi-N-Ifri, auf 1600m Höhe konnten wir noch ein architektonisches Kunstwerk der Natur bestaunen, über das man leicht hinweg fahren könnte, ohne es zu bemerken. Ein Flüsschen hatte sich eine tiefe steile Schlucht in das poröse Gestein gegraben und, als es auf eine härtere Schicht gestoßen war, sich kurzerhand darunter durch einen Weg gesucht,um auf der anderen Seite in eine breitere Schlucht zu münden. So war ein riesiger natürlicher Torbogen entstanden. Die ausflugs- und picknick-begeisterten Marokkaner hatten natürlich auf beiden Seiten Treppen und Wege hinunter angelegt, sodass man theoretisch sogar hindurch klettern konnte. Merlin und ich schafften es auf einer Seite hinunter und wieder hinauf. Der Durchgang war mir mit Merlin etwas zu riskant. Carola hatte bereits auf halber Höhe aufgegeben. Die erste Stadt auf der Nordseite des Gebirges war Demnate, wo wir unsere Vorräte auffüllten, bevor wir unser nächstes Ziel ansteuerten: Die Wasserfälle von Ouzoud….(mehr Bilder zur Überquerung des Hohen Atlas in den Galerien)

Der Kreis schließt sich

So langsam geht unsere Marokkoreise dem Ende entgegen. Den Süden haben wir bereits hinter uns gelassen, und die Pässe des Hohen Atlas sind auch überquert. An den Wasserfällen blieben wir 3 Nächte und erkundeten die Umgebung zur Abwechselung mal zu Fuß. Bereits in der ersten Nacht hatte es etwas geregnet, und am nächsten Abend gab es ein richtiges Gewitter. Dadurch war es deutlich abgekühlt und bei Temperaturen von 18 bis 25Grad gut auszuhalten. Weil wir uns noch nicht so recht von den Bergen trennen konnten, beschlossen wir, noch einen Abstecher zum ältesten Stausee Marokkos zu machen, der erst im letzten Jahr den Titel des größten Stausees von Marokko an einen Jüngeren hatte abgeben müssen. 80m Höhenunterschied trennen den Oued Al Abid in der schmalen Schlucht von der Oberfläche des Sees. Da war es schon beruhigend, dass unser nächster Übernachtungsplatz am Rande der Schlucht noch etwa 20m über dem Fluss lag. Wir waren kaum an unserem Platz angekommen, als es wieder zu regnen anfing. Der Regen hielt über Stunden an und hätte uns über Nacht fast unsere Markise ruiniert, weil das Wasser nicht richtig ablief und mehrere Eimer Wasser die Markise regelrecht heruntergedrückt hatten. Hätten wir unsere Überquerung des Hohen Atlas ein paar Tage später begonnen, wären wir bei solch einem Wetter sicher nicht so glatt hinüber gekommen.

Wir verabschiedeten wir hier endgültig von den Bergen des Hohen Atlas und fuhren hinunter nach Beni Mellal. Die Berge enden hier sehr plötzlich. Man fährt praktisch aus 1500m Höhe in Sepentinen einen Hang hinunter auf etwa 500m. Dabei schaut manhinaus auf eine sich bis zum Horizont erstreckende fruchtbare Ebene, die in viele relativ kleine Felder und Gärten unterteilt ist. Wasser zur Bewässerung gibt es ja, dank des Stausees, genug.

Von anderen Reisenden hatten wir gehört, dass es in Beni Mellal eine Gasfüllstation geben soll, die auch Euroflaschen auffüllt. Obwohl eigentlich bereits auf dem Rückweg, wollten wir das doch testen, denn wir hatten bereits nach 4 Wochen unsere erste Gasflasche  geleert. Es funktionierte tatsächlich. Allerdings gab es nur Propangas. Nach 15min bekamen wir unsere gefüllten Flaschen zurück ans Tor gebracht und zahlten je 40DH für 10 kg Gas. Etwas kurios kamen uns die Sicherheitsregeln vor, denn wir wurden mit unseren Autos mehrfach von einem Platz zum anderen dirigiert und mussten dann die Fahrzeuge auch noch umdrehen, bis auch der Sicherheitschef mit unseren Parkplätzen zufrieden war.

Nach diesem kurzen Intermezzo ging es dann endgültig auf die Autobahn nach Casablanca und weiter in Richtung Tanger. 450km sind in Marokko normalerweise nicht an einem Tag zu schaffen. Auf den neuen gebührenpflichtigen Autobahnen ist praktisch kein Verkehr, und so kommt man gut voran. In Moulay Busselham schloss sich unser Kreis wieder, denn hier hatten wir bereits unsere erste Nacht in Marokko verbracht. Merlin durfte noch einmal am Strand herumtollen, und wir genossen es, uns noch einmal marokkanisch  bewirten zu lassen.Bis zum Hafen Tanger Med waren es von hier noch gut 100km. So fingen wir den Morgen gemütlich an, denn die Fähren sollten alle 2 Std. fahren, und wir wollten in Spanien nicht mehr weit fahren. Im Hafen angekommen, stellten wir jedoch fest, dass wir die Fähre um 14:00Uhr knapp verpasst hatten, und die nächste Fähre gestrichen worden war. So stehen wir noch hier im Hafen, und ich habe genug Muße, diesen Blog zuende zu schreiben, denn es ist nichts los. Die nächste Fähre geht wahrscheinlich erst heute abend zwischen 20:00 und 21:00 Uhr…..