Als die ersten Frauen auf den Platz kamen, habe ich mich auf meinem Campingstuhl und mit einem Buch in einigem Abstand hingesetzt und habe freundlich gegrüßt. Es wurde immer freundlich zurückgegrüßt mit Hallo, Bonjour oder Salam. Alle waren fein rausgeputzt: mit lackierten Fingernägeln, geschminkt und in schöne gebatikte Tücher gehüllt.
Im Festzelt wurde es schnell laut. Ich hörte bald Handtrommeln, Gesang, rhythmisches Klatschen und die schrillen Triller. Neugierig wie ich bin, ging ich auf das Zelt zu, und mir wurde sofort signalisiert näher zu treten. Im Zelt wurde mir sofort ein Stuhl angeboten und alle lachten mich an.
In der Mitte des Zeltes saßen einige Frauen, zum Teil mit Handtrommeln, im Kreis am Boden. Ab und zu standen eine bis drei Frauen auf, verhüllten ihren Kopf ganz mit ihrem Tuch, so dass von ihrem Gesicht nichts mehr zu sehen war und begannen zu tanzen. Unter dem anfeuerndem Gesang und immer schneller werdendem Klatschen und Trommeln und immer häufigeren schrillen Trillern tanzten die Frauen immer wilder, bis sie nicht mehr konnten. Dann begann das Ganze mit anderen Frauen von Neuem. Auch ich sollte tanzen. Nachdem ich aber zeigte, dass ich dann entweder unter den Tisch kriechen würde oder aus dem Zelt rennen würde, ließen sie lachend von dieser Idee ab. Das ging so mehrere Stunden. Die bedienenden jungen Männer brachten ununterbrochen den starken grünen Minztee und Wasser.
Dann hieß es: nun gibt es Essen. Große Kannen mit Wasser wurden auf die Tische gestellt und Schüsseln. Und man half sich beim Händewaschen.
Nun kam dünne Plastikfolie über das Tischtuch und jeder bekam ein Glas mit Cola oder Fanta. Dies wurde schnell ausgetrunken und die Gläser sofort wieder eingesammelt. Anschließend gab es ein großes Bündel Brot , dass von einer Frau am Tisch gleichmäßig aufgeteilt wurde. Jeder hatte jetzt vor sich ein Häufchen Brot liegen. Als nächstes kam ein großer Teller mit Hammelfleisch und Backpflaumen auf den Tisch. Die Frauen nahmen mit dem Brot die Backpflaumen auf und aßen sie und tunkten das Brot in die Fleischbrühe. Ich war ganz gespannt, wie sie nun das Fleisch mit den Knochen essen wollten, damit ich es ihnen gleichtun konnte. Mir brachte man aber einen Teller und Besteck und legte ein großes Stück Fleisch darauf. Schade, ich esse auch lieber mit den Fingern. Während ich nun ein bisschen daran herumsäbelte (ich hatte ja meinen Teil schon vorher mit Manfred zusammen gehabt) teilte eine Frau das ganze Fleisch gerecht zwischen den Frauen auf, die es in Windeseile mit dem Brot zusammen in von der Plastikfolie abgerissene Stücke einwickelten und in mitgebrachte Taschen steckten. Meinen Anteil auch, nachdem ich deutlich gezeigt hatte, ich bin satt. Auf mein erstauntes Gucken gaben sie mir zu verstehen, dass das für die Familie zu Hause ist. Fleisch ist für die Menschen hier was sehr Wertvolles.
Aber das Essen ging weiter. Der leere Fleischteller wurde abgetragen, dafür wurde ein Teller mit einem riesigen Nudelberg hingestellt. Man streute ein bisschen Zimt und Puderzucker auf die zu sich zeigende Seite,nahm sich eine Handvoll und steckte sie in den Mund. Ich hatte einen großen Löffel zur Verfügung. Auch das ging ganz schnell, dann wurde der Teller einen Tisch weiter gereicht und wir bekamen einen großen Obstteller. Wieder wurden die Bananen, Orangen und Äpfel aufgeteilt und verschwanden in den Taschen oder Kapuzen der Kinder. Dann standen alle gleichzeitig auf verabschiedeten sich herzlich, auch von mir und verschwanden in der Dunkelheit.
Übrigens die Mutter und das Baby habe ich nicht zu Gesicht bekommen, aber am nächsten Tag würde ich von allen Frauen mit Küsschen und Hand aufs Herz begrüßt.