Südlich von Agadir verändert sich die Landschaft von der fruchtbaren Ebene zum kargen Bergland. Und es geht ordentlich hinauf. Bis 2100m reichen die Gipfel, und die Strasse läßt es sich nicht nehmen auch bis über 1600m anzusteigen. Auch die Häuser verändern ihren Charakter. Obwohl der Boden nicht viel hergibt, wirken sie viel größer und wohlhabender, meist frisch in blassen Rottönen gestrichen, teilweise in Ockertönen abgesetzt. Die hier lebenden Berberstämme waren schon immer darauf angewiesen ihr Geld woanders zu verdienen und haben es als Händler zu einem gewissen Wohlstand gebracht.
Bei kargem Boden und Höhenlagen um die 1000m war Vorratshaltung hier schon immer ein Thema, wovon die vielen, heute allerdings meist verfallenden Speicherburgen, Agadire genannt Zeugnis liefern. Einen davon, den Agadir Tizrgane, wollten wir uns genauer anschauen. Im 13. Jahrhundert auf einem steilen Hügel erbaut, diente er den in der Umgebung lebenden Familien als sicherer Aufbewahrungsort für Vorräte und Wertgegenstände und als Zufluchtsort in unruhigen Zeiten.
Auch dieser Agadir wird heute nicht mehr genutzt – das Geld kommt auf die Bank und Vorräte legt niemand mehr an. Seinen guten Erhaltungszustand verdankt er vermutlich einem kleinen aber feinen Hotel, das dort eingerichtet wurde. ( Zutritt nur bei Voranmeldung über einen separaten Zugang.) Wir hatten Glück, dass ein Mitarbeiter des Hotels unser Klopfen an der verschlossenen Pforte des Agadirs hörte und uns zusammen mit 2 französischen Paaren gegen eine kleine Gebühr hinein lies. Viel gab es nicht zu sehen, außer verwinkelten Gängen und ein paar schön bemalten verschlossenen alten Türen, vermutlich die Zugänge zu den Speichern der einzelnen Familien.
Auf der Weiterfahrt tauchten die verschiedensten Arten von Kakteen zwischen den auch hier oben noch wachsenden Aganienbäumen auf, während die Täler eher den Charakter von Palmoasen hatten. Dazwischen war der karge und steinige Boden überall bedeckt mit den verschiedensten Blumen. Je weiter wir nach Süden kamen, wurden die Gesteinsformationen immer skurriler. Die Natur hatte ihrer Fantasie bei der Gestaltung dieser Landschaft offenbar freien Lauf gelassen. In Tafraoute, einer weitläufigen Palmoase, die das Verwaltungszentrum dieser Region bildet, fanden wir einen Campingplatz zwischen Oase und Ort, der sowohl Merlin, als auch uns zusagte. Hier war für alle gesorgt: Merlin konnte in der Oase herumrennen, und wir hatten es nicht weit in den Ort hinein, sodaß die eigene Küche kalt bleiben konnte. Für 2 Tage nisteten wir uns hier ein. Dann zog es uns weiter, denn es gab noch so viel zu erkunden in der Umgebung. Weit kamen wir allerdings nicht, denn 7km weiter, hinter einer Bergkette, hatte der belgische Maler Jean Vérame 1983 bis zu 30m hohe Felsen in den verschiedensten Farben bemalt; etwa 20 t Farbe soll er verbraucht haben. Inzwischen hat die Winderosion, die die Felsskulpturen geschaffen hat, auch an der Farbe genagt. Aber die Marokkaner haben den Ball aufgefangen und malen munter weiter. Man kann auf Pisten in das mehrere Quadratkilometer umfassende Felsengewirr hineinfahren – wenn man sich traut – sonst heißt es wandern. Leider ist das Wetter sehr wechselhaft. Starker Wind läßt die Berge zum Teil völlig hinter einer Dunstwolke verschwinden: kein Smok, sondern vermutlich Staub. Dazu dunkle Wolken, die die Sonne verdecken, und dann wird es schnell ungemütlich kalt. Immerhin befinden wir uns ja noch auf etwa 1000m Höhe! Heute Nachmittag fielen sogar ein paar Regentropfen und in den Bergen donnerte es heftig. So blieben wir mit unserem Auto für die Nacht irgendwo zwischen den bemalten Felsen stehen und hoffen für morgen auf besseres Wetter.