Alle Beiträge von Manfred Hoffmann

Begegnungen mit allerlei Getier

Das ist ja eigentlich mein Reiseblog, aber ich habe da mal Manfred schreiben lassen, weil ich mich erst einmal ans Reisen gewöhnen musste. Die ersten Tage waren auch nur mäßig interessant. Eigentlich habe ich nur an meinem Platz im Wohnmobil vor mich hin gedöst. Wenn wir eine Fahrpause eingelegt haben und ich gerade anfing die Gegend zu erkunden, hieß es auch schon wieder einsteigen. Interessant wurde es erst, als wir in Marokko auf einem Platz Halt machten, wo es von Viechern nur so wimmelte. Da hatte ich den ganzen Tag ein Geschrei von Federvieh um mich herum, und die machten selbst vor meinem Futternapf nicht Halt. Dann gab es da noch Ziegen und Schafe, die ich aber auch nicht jagen durfte und sogar eine Kuh mit Kälbchen. Ja, und zum Glück gab es auch ein paar nette Hunde.
Auf dem nächsten Platz habe ich dann Tiere kennengelernt, die ich noch nicht kannte. Die hatten ganz lange Schwanzfedern in bunten Farben. Die waren mir ein bisschen unheimlich und ich habe lieber Abstand gehalten. Esel gibt es hier auch überall, aber auch die darf ich nicht jagen, obwohl sie so ein grässliches Geschrei machen.
Das mit dem nicht jagen dürfen, ist auch so eine Sache: am Strand stand so ein dummes Kamel herum und glotzte mich so von oben herab an, und da bin dann bellend draufzugelaufen, bevor meine Herrschaften mich wieder bremsen konnten. Ich dachte, ich jage dem mal einen ordentlichen Schreck ein, und dann läuft es davon. Aber was macht das blöde Vieh: stampft auf und kommt dermaßen aggressiv auf mich zu, dass mir ganz anders wurde und meinem Frauchen auch.
Eine andere Begegnung mit einem mir bisher unbekannten Wesen hatte ich auf einem Sandweg. Da lief ein kleines Tier, das hatte einen harten Panzer und ein völlig verrunzeltes Gesicht. Immer wenn ich es anstupste zog es den Kopf unter den Panzer. Als ich versuchte, es auf den Rücken zu drehen, um es mir mal von unten anzusehen, wurde mir das untersagt.
Im Moment sind wir in einer Oase, wo ich wunderbar auf Felsen klettern kann. Zu dem Hund, der auf ein Normadenzelt aufpasste, durfte ich leider auch nicht. Also jede Menge Verbote, aber auch viele Freiheiten. Ich darf schon viel Herumstromern und habe mich schon in etlichen Flüssen und Seen erfrischen können. Jedenfalls brauche ich nach all den Aufregungen 10 bis 12 Stunden Schlaf. Also: gute Nacht.

Es lohnt sich, immer mal wieder in die Galerien zu schauen – unsere Grafittisammlung wächst und wächst!

Dank übrigens  an Ulrike, Heinz und Ingrid. Wir freuen uns immer über Kommentare! Daran sehen wir, dass auch gelesen wird, was wir schreiben.

Über den Wasserfall ins Paradies

Unser zweiter Anlauf war von mehr Erfolg gekrönt. Durch enge Schluchten ging es langsam hinauf. An etlichen Stellen war man noch eifrig dabei, die Schäden, die das jetzt mickerige Flüsschen der Straße zugefügt hat, zu beseitigen. Ganze Brücken waren weggerissen worden, und teilweise war die Strasse nur noch eine provisorische Piste. Aber im Gegensatz zu gestern, tauchte der Asphalt immer wieder unter der Piste auf. Auch hier wieder Lavendel, Thymian und Krüppelholz an den Hängen. Die Täler ähnelten eher kleinen Oasen mit Palmen und Mandelbäumen. Am Eingang ins Paradies Valley fuhren wir erst einmal vorbei, denn das wollten wir uns für den Rückweg aufsparen, und so ging es jetzt erst einmal weiter hinauf. Auf 1200m Höhe erreichten wir Immouzer, offenbar der Marktflecken der Region, und offenbar hatten wir genau den Markttag erwischt, denn die einzige Straße durch den Ort war ziemlich verstopft. Fahrende Händler hatten ihre Fahrzeuge hier abgestellt oder ihre Waren auf der Strasse ausgebreitet. Überall wurden Esel, Karren und Autos beladen und entladen, und wir mussten uns im Schritttempo unseren Weg bahnen. Ehe wir uns versahen, waren wir auch schon wieder aus dem Ort heraus, und vor uns führte die Straße in Serpentinen wieder in ein weites Tal hinunter. Wo sollte hier denn ein Wasserfall herkommen? 2 km weiter und etwa 150m tiefer wussten wir es, denn er fiel fast unmittelbar hinter dem Ort senkrecht etwa 100m hinunter.
Dass die Marokkaner Ausflüge und Picknicks lieben, hatten wir schon auf früheren Reisen gelernt, und hier am Fuß des Wasserfalls war entsprechend ein typisches marokkanisches Ausflugsziel entstanden. Obwohl die Ausflugsaison noch weit entfernt war, konnte man erahnen, was hier im Sommer los sein musste. Jetzt ging es noch sehr beschaulich zu, nur wenige Imbissstände und Souvenirhändler hatten sich bereits eingerichtet und waren auch noch garnicht richtig in Verkaufsstimmung. Nur als eine kleine Gruppe europäischer Ausflügler aus Agadir auftauchte, kam kurz Leben auf, und ein mutiger Klippenspringer konnte erfolgreich seinen dramatischen Sprung aus etwa 15m Höhe von den Felsen in die schmale Schlucht in einen offenbar tieferen Gumpen verkaufen. Danach kehrte wieder Ruhe ein.Nach einem Mittagsimbiss ging es wieder hinauf nach Immouzer, wo inzwischen offenbar alle Geschäfte getätigt waren, denn die Händler waren am Zusammenräumen, und so kamen wir problemlos hindurch. Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie anders eine Strecke aussieht, wenn man sie in umgekehrter Richtung fährt. Hinunter in die Schlucht kam es uns viel kürzer vor, und so hatten wir bald den Eingang ins Paradies Valley erreicht. An dieser Stelle verläßt die Straße die Schlucht, die hier immer schmäler wird und klettert die Berge hinauf. Ein schmaler Pfad führt aber weiter hinein in die Schlucht entlang eines kleinen Flüsschens, das zwischen den Felsen immer wieder kleine Becken bildet, in denen man wunderbar baden kann – wenn das Wetter danach ist. Hierhin haben sich in den 70er Jahren gerne Hippies zurückgezogen. Es geht eine Legende, dass ein krankes Hippiepaar, das hierher kam, das Tal nach mehreren Wochen völlig gesundet verlies. Die Hippiezeiten sind vorbei, der Name Paradies Valley blieb, und heute ist der Ort – wie sollte es anders sein – ein beliebtes Ausflugsziel für junge marokkanische Paare. Es gibt ein paar improvisierte Ausflugslokale, eine echte logistische Herausforderung, denn alles muss auf dem Rücken über den schmalen Pfad von der Strasse hierher transportiert werden. Das klappt offenbar prima, nur am Rücktransport des Mülls hapert es noch, obwohl  überall entsprechende Schilder aufgestellt sind.

Ein bisschen Hippieflair ist noch zu spüren, wenn man sich die improvisierten Lokale anschaut und es geht auch, zumindest um diese Jahreszeit noch sehr relaxed zu. Hier läßt es sich gut aushalten, auf einem Felsen in der Sonne sitzend, die Füße im garnicht so kalten Wasser und den kleinen Fischen zuschauen, die einem um die Füße huschen.

Leider kein Platz um über Nacht zu verweilen, und so verlassen auch wir das Paradies, nachdem die Sonne hinter den Felswänden verschwunden ist und fahren ein Stück Richtung Agadir zurück, bis wir einen Stellplatz finden, der mit dem dekadenten Komfort heißer Duschen ausgestattet ist .

 

Durch den Antiatlas nach Tafraoute

Südlich von Agadir verändert sich die Landschaft von der fruchtbaren Ebene zum kargen Bergland. Und es geht ordentlich hinauf. Bis 2100m reichen die Gipfel, und die Strasse läßt es sich nicht nehmen auch bis über 1600m anzusteigen. Auch die Häuser verändern ihren Charakter. Obwohl der Boden nicht viel hergibt, wirken sie viel größer und wohlhabender, meist frisch in blassen Rottönen gestrichen, teilweise in Ockertönen abgesetzt. Die hier lebenden Berberstämme waren schon immer darauf angewiesen ihr Geld woanders zu verdienen und haben es als Händler zu einem gewissen Wohlstand gebracht.

Bei kargem Boden und Höhenlagen um die 1000m war Vorratshaltung hier schon immer ein Thema, wovon die vielen, heute allerdings meist verfallenden Speicherburgen, Agadire genannt Zeugnis liefern. Einen davon, den Agadir Tizrgane, wollten wir uns genauer anschauen. Im 13. Jahrhundert auf einem steilen Hügel erbaut, diente er den in der Umgebung lebenden Familien als sicherer Aufbewahrungsort für Vorräte und Wertgegenstände und als Zufluchtsort in unruhigen Zeiten.

Auch dieser Agadir wird heute nicht mehr genutzt – das Geld kommt auf die Bank und Vorräte legt niemand mehr an. Seinen guten Erhaltungszustand verdankt er vermutlich einem kleinen aber feinen Hotel, das dort eingerichtet wurde. ( Zutritt nur bei Voranmeldung über einen separaten Zugang.) Wir hatten Glück, dass ein Mitarbeiter des Hotels unser Klopfen an der verschlossenen Pforte des Agadirs hörte und uns zusammen mit 2 französischen Paaren gegen eine kleine Gebühr hinein lies. Viel gab es nicht zu sehen, außer verwinkelten Gängen und ein paar schön bemalten verschlossenen alten Türen, vermutlich die Zugänge zu den Speichern der einzelnen Familien.

Auf der Weiterfahrt tauchten die verschiedensten Arten von Kakteen zwischen den auch hier oben noch wachsenden Aganienbäumen auf, während die Täler eher den Charakter von Palmoasen hatten. Dazwischen war der karge und steinige Boden überall bedeckt mit den verschiedensten Blumen. Je weiter wir nach Süden kamen, wurden die Gesteinsformationen immer skurriler. Die Natur hatte ihrer Fantasie bei der Gestaltung dieser Landschaft offenbar freien Lauf gelassen. In Tafraoute, einer weitläufigen Palmoase, die das Verwaltungszentrum dieser Region bildet, fanden wir einen Campingplatz zwischen Oase und Ort, der sowohl Merlin, als auch uns zusagte. Hier war für alle gesorgt: Merlin konnte in der Oase herumrennen, und wir hatten es nicht weit in den Ort hinein, sodaß die eigene Küche kalt bleiben konnte. Für 2 Tage nisteten wir uns hier ein. Dann zog es uns weiter, denn es gab noch so viel zu erkunden in der Umgebung. Weit kamen wir allerdings nicht, denn 7km weiter, hinter einer Bergkette, hatte der belgische Maler Jean Vérame 1983 bis zu 30m hohe Felsen in den verschiedensten Farben bemalt; etwa 20 t Farbe soll er verbraucht haben. Inzwischen hat die Winderosion, die die Felsskulpturen geschaffen hat, auch an der Farbe genagt. Aber die Marokkaner haben den Ball aufgefangen und malen munter weiter. Man kann auf Pisten in das mehrere Quadratkilometer umfassende Felsengewirr hineinfahren – wenn man sich traut – sonst heißt es wandern. Leider ist das Wetter sehr wechselhaft. Starker Wind läßt die Berge zum Teil völlig hinter einer Dunstwolke verschwinden: kein Smok, sondern vermutlich Staub. Dazu dunkle Wolken, die die Sonne verdecken, und dann wird es schnell ungemütlich kalt. Immerhin befinden wir uns ja noch auf etwa 1000m Höhe! Heute Nachmittag fielen sogar ein paar Regentropfen und in den Bergen donnerte es heftig. So blieben wir mit unserem Auto für die Nacht irgendwo zwischen den bemalten Felsen stehen und hoffen für morgen auf besseres Wetter.

Die Schluchtoasen von Ait Mansour

Am nächsten Morgen schien die Sonne vom strahlend blauen Himmel. Von den Gewitterwolken war nichts mehr zu sehen. Bei diesem Licht entfalteten die bemalten Felsen eine ganz neue Stimmung.Ich musste erst einmal mit der Kamera losziehen und das Morgenlicht einfangen, bevor wir zu unserer geplanten Tour in die Schlucht von Ait Mansour aufbrachen.
In den Reiseführern als attraktives Ziel für Offroad-Reisende beschrieben, sollte die Strecke auf den ersten 30km auch für kleinere Wohnmobile befahrbar sein. Also los: zuerst allerdings nicht, wie erwartet, hinunter, sondern auf schmaler Asphaltstrasse von knapp 1000m hinauf auf über 1600m Höhe. Dann ging es wieder ein paar hundert Meter hinunter. DieFelswände rechts und links rückten näher und näher, bis wir in eine dicht mit alten Palmen bestandene Schlucht eintauchten. Das gestrige Gewitter hatte den Wasserstand des kleinen Flüsschens offensichtlich kurzfristig deutlich ansteigen lassen, denn die Strasse war an den Furten noch nass und verschlammt, obwohl auch im Flussbett nur noch stellenweise Wasser stand. An einer etwas breiteren Stelle war ein kleiner Parkplatz eingerichtet, wo wir unser Fahrzeug neben einem weiteren Wohnmobil, dass sich hierher getraut hatte, abstellten, um die weitere Schlucht zu Fuß zu erkunden. Rechts und links der Strasse tauchten immer wieder an die Felswand geklebte Häuser zwischen den Palmen auf. Neben der Strasse waren Palmblätter in großen Haufen aufgeschichtet. Mehrmals sahen wir Männer, die damit beschäftigt waren, die herunterhängenden, trockenen, alten Palmblätter aus den Kronen zu sägen und aufzuschichten. Offenbar hatte es hier eine lange Trockenzeit gegeben, nach dem Verhältnis der verbliebenen zu den abgesägten Blättern zu urteilen. An einem kleinen Laden, der auch ein paar Stühle auf die Strasse gestellt hatte, gönnten wir uns einen Kaffee, bevor wir wieder umkehrten. Die Straße sah bis hierhin nicht schlechter aus als vorher, und irgendwo musste das Wasser ja auch wieder aus dem Tal herausfließen, und so beschlossen wir, weiter zu fahren. Mal sehen, wie weit wir kommen.
20km später, das Tal hatte sich inzwischen geweitet, endete die Strasse an einer Querstrasse, die neu asphaltiert war. War auch hier die Offroad-Aera vorbei? Wir beschlossen, es einfach auszuprobieren und den auf unserer Karte als unbefestigte Piste gekennzeichnteten Rundweg durch 2 weitere Schluchten zurück zu unserem Ausgangspunkt weiter zu fahren. Nachdem wir weitere 10 km später die Zufahrt zur Goldmine von Akka passiert hatten, war es vorbei mit breiten ausbetonierten Furten. Die Straße hatte zwar immer noch eine Asphaltdecke, die war aber immer mehr in Auflösung begriffen. Dazwischen immer wieder mal Strecken, die offenbar neu ausgebaut waren. Nur die Furten wurden mehr und mehr zum Problem, nicht wegen des Wassers, davon war nicht mehr viel zu sehen, dafür aber umsomehr von den Auswirkungen seiner Kraft. Ausgebaute Betonfurten waren einfach weggespült worden und an etlichen Stellen mussten wir erst einmal Hand anlegen, große Steine wegräumen oder Steine aufschichten, um die Furten für unser Auto passierbar zu machen. Da wir ständig den Fluss kreuzen mussten, kamen wir nur sehr langsam vordan. So hieß es erst einmal einen geeigneten, etwas höher liegenden Platz zu finden, an dem wir ruhig über Nacht stehen konnten, ohne befürchten zu müssen, beim nächsten Regenfall von einer Flutwelle überrascht zu werden.
Die Nacht blieb aber ruhig und trocken mit traumhaftem Sternenhimmel. Morgens wurden wir wieder vom Sonnenschein geweckt. Wir beschlossen, früh loszufahren und erst in Tafraoute, versorgt mit frischem Brot, zu frühstücken. Ein paar km weiter, zwischen 2 anstrengenden Flußdurchquerungen, trafen wir einen alleine reisenden Deutschen mit ähnlichen Fahrzeug, der hier schon seit 4 Tagen sein Quartier bezogen hatte. Er erzählte uns, dass er vor 2 Tagen das Gewitter in den umgebenden Bergen beobachtet hatte, bei ihm sei aber kein Tropfen Regen gefallen. Nachts sei er dann von einem gleichmäßigen Rauschen geweckt worden und hätte im Schein der Taschenlampe gesehen, dass das vorher trockene Flussbett bereits völlig überflutet war. Schnell hätte er erst einmal seine Sachen gepackt, um sich und sein Fahrzeug im Notfall schnell auf höhergelegenen Grund retten zu können. Den Rest der Nacht hätte er damit verbracht, anhand von Markierungen den Wasserstand zu beobachten, bis er sicher war, dass dieser wieder fiel. Als es dann hell wurde, war das Spektakel vorbei und außer dem feuchten Boden deutete nichts mehr auf die Ereignisse der Nacht hin.
Wer das einmal erlebt hat, weiss, warum immer wieder davor gewarnt wird in trockenen Flussbetten sein Lager aufzuschlagen!
2 weitere Furten mussten wir noch provisorisch reparieren, bevor die Strasse deutlich anstieg. Offenbar waren wir die ersten, die nach dem Regen diese Straße befuhren. Außer einem jungen Mann, der uns mit seinem Motorrad bei einer der Furten zu Hilfe kam, war uns noch kein Fahrzeug begegnet.
Nach knapp 100km Abenteuertour stießen wir dann kurz vor dem Paß wieder auf die Strasse, die wir gekommen waren.
Jetzt hielt uns nichts mehr von unserem Frühstück ab, dass allerdings inzwischen eher ein Mittagessen geworden war. Nur ein kurzer Halt beim Bäcker in Tafraoute, dann hieß es erst einmal : frühstücken.

An der Stadtmauer von Tiznit

Nur etwa 100 km von Tafraoute entfernt bietet Tiznit ein völlig anderes Bild: etwa 40 km vor der Stadt endet das Bergland des Antiatlas ziemlich plötzlich, und man schaut hinunter in eine weite, kahle Ebene. In Serpentinen geht es jetzt von gut 1000m Höhe hinunter auf unter 200m. Man hat das Gefühl hier beginnt bald die Wüste. Während in den Bergen noch alles grün war, wächst hier kaum ein Baum, nur hier und da ein Busch. Auch die Häuser sehen völlig anders aus und wirken deutlich einfacher und ärmer.
Tiznit selbst ist eine typische Kleinstadt der Vorsahara, mit wuchernden Vororten, die meist wie eine Dauerbaustelle wirken. Die Altstadt hat allerdings ihren besonderen Charme. Als Garnisonsstadt und Ausgangpunkt der Handelskaravanen in den Süden vor ca. 140 Jahren erbaut, ist sie noch heute völlig von einer 6km langen, zinnengekrönten Mauer aus gestampftem Lehm umgeben. Erstaunlicherweise hat die Stadtverwaltung direkt am Stadttor Bab Oulad Jarrar einen städtischen Campingplatz erbaut, der konsequent mit kolonialer Bürokratie verwaltet wird. Beim näheren Kennenlernen erwies sich der Aufwand allerdings als offensichtlich notwendig, denn der sich ewig an der Stadtmauer hinziehende Platz war voll in der Hand französischer Rentner, die sich mit ihren riesigen Mobilhomes hier häuslich eingerichtet hatten. Kein Ort für uns und schon garnicht für Merlin. Für eine Nacht blieben wir aber doch, denn von hier war man in ein paar Minuten zu Fuß mitten im abendlichen Markttrubel, und das wollten wir uns nicht entgehen lassen. Abendessen gab es in einem der kleinen Strassenlokale, dann ging es zurück zu Merlin, der mal wieder lieber im Auto geblieben war, denn der Trubel orientalischer Städte liegt ihm so garnicht: viel zuviel Gerüche und Geräusche auf einmal!
Am nächsten Morgen noch eine kurze Einkaufs- und Sightseeing-Runde, dann flüchteten wir, nachdem wir die Abmeldeprozedur erfolgreich hinter uns gebracht hatten, die letzten Kilometer hinunter ans Meer und suchten uns einen einsamen Platz auf den Klippen zum Frühstücken.

Zwischen Meer und Wüste

Kurz vor Mirleft waren wir wieder auf den Atlantik getroffen, dem wir in den nächsten Tagen auch nicht mehr von der Seite weichen wollten. Bis hinunter zur Mündung des Draa wollten wir der Küste folgen, falls die Straßenverhältnisse uns nicht daran hindern würden. Südlich von Tan-Tan, auf der anderen Seite des Draa beginnt die ehemalige spanische Kolonie Westsahara, die 1975 mit dem „Grünen Marsch“ von Marokko friedlich besetzt wurde. Ab hier wollten wir unsere Reise Richtung Osten fortsetzen, sozusagen dem Draa flußaufwärts folgend.
Die Küste ist hier sehr abwechselungsreich: zum einen felsige Abbrüche, darunter immer wieder weite Sandstrände. Aber wie hinunterkommen? Chancen bieten die aus dem Antiatlas herunterkommenden Flüsse, die tiefe Kerben in die Steilküste gegraben haben.
Leghzira Plage nennt sich eine solche Stelle, die bei Surfern und Paraglidern beliebt ist. Man kann hier auf einer Piste ein Stück hinunterfahren, bis zu einem Parkplatz. Den Rest muss man auf Treppenstufen hinunterlaufen. Unten erwarten einen mehrere kleine Pensionen und Restaurants, die abenteuerlich in den schmalen Einschnitt in der Steilküste hineingebaut wurden. Davor ein phantastischer feinsandiger Strand, der sich endlos unterhalb der Steilküste entlangzieht. Die Erosion hat hier phantastische Gebilde entstehen lassen. Ein riesiger Torbogen mit einer Durchgangshöhe von bestimmt 10m ist sicher das Highlight. Ein kurzes Stück dahinter ist ein zweiter Bogen am 23.9 2016 eingestürzt. Ein dramatisches Ereignis, dass selbst durch die französische Presse ging. Die beiden Felsbögen waren eines der Wahrzeichen von Marokko und sind auf vielen Postkarten abgebildet.
Auch hier ist die Küste noch sehr ruhig. Die paar Menschen verlieren sich am Strand. Das liegt sicher mit am Wetter, denn obwohl die Sonne kräftig vom Himmel strahlt, ist es am Strand ziemlich kalt. Ursache ist ein kräftiger Nordwind, der den ganzen Tag über die Luft auf Temperaturen um die 15 Grad hält. Nur nachts flaut der Wind ab. Trotzdem fällt das Thermometer weiter ab, zum Teil auf Werte unter 10 Grad!
Also nichts mit lauen Abenden.
Nächster Halt ist Sidi Ifni, dass noch bis 1969 die letzte spanische Enklave an der Atlantikküste bildete. Hier gibt es einen breiten Flusseinschnitt, sodass man die Stadt teils unten am Fluss und teils oben auf der Steilküste erbaut hat.Eine breite Treppe, die den Strand mit der Stadt verbindet, der Leuchtturm und viele Gebäude erinnern noch an die spanische Vergangenheit, aber ihre große Zeit ist sicher vorbei. Der Hafen, einst einziger Versorgungsweg, verfällt, und auch viele Villen oben auf der Steilküste, das Kino und der Twist Club sind verlassen. Heute versucht die Stadt ein Comeback als Ferienort.
Bei einem Spaziergang am Strand entlang der Steilküste trafen wir auf einen Marokkaner, der sich unter einem Felsüberhang häuslich eingerichtet hatte. Neben sich einen großen Berg Strandgut und Schwemmholz aus dem er die kuriosesten Skulpturen herstellte.Er lud uns auf einen Tee ein und erzählte, dass er seit 2002 hier sitzt und arbeitet. Als wir ihn ungläubig anschauten, holte er einen Bildband hervor, der offenbar 2009 über ihn und seine Kunstwerke gemacht worden war. Wieder am Auto, schauten wir im Internet nach und fanden sogar mehrere Videos auf Youtube.
Samstag früh zog es uns weiter, denn wir wollten die Küste für ein paar Stunden verlassen ,um den wöchentlichen Markt in Guelmin zu besuchen. Es ist der größte Markt in der Region, und in früheren Zeiten, als der Karawanenweg nach Timbuktu hier durchging, war es der größte Kamelmarkt. Heute ist die Zeit der Karawanen vorbei. Aber gerade der Viehmarkt zieht noch viele Menschen aus der Westsahara an. Wir hatten Glück, denn neben Kühen, Schafen und Ziegen waren zwischen 50 und 100 Dromedare auf dem Markt, einige prächtige ausgewachsene Tiere, aber vor allem viele Jungtiere zwischen 4 und 7 Monaten. Viele der Tiere kommen aus Mauretanien und einige sogar aus Mali, wie mir ein netter wettergegerbter Händler erklärte.Wir nutzten den Markt, um uns mit frischem Gemüse, Eiern, Brot, Walnüssen, getrockneten Feigen und eingelegten Oliven zu versorgen, denn von hier aus ging es zurück an die Küste, dorthin, wo die nördlichen Ausläufer der Sahara auf den Atlantik treffen. Hier bei Echatea El Abied endet die Strasse an einer Flußmündung zwischen den Sanddünen. Damit haben wir vermutlich den südlichsten Punkt unserer Reise erreicht. Vor einigen Jahren sollte hier ein großes Tourismusprojekt gebaut werden. Ein paar Ferienhäuser, die inzwischen von einigen Fischerfamilien bewohnt werden und die 50 km lange Asphaltstrasse, die hierher führt, sind alles, was von dem ehrgeizigen Projekt geblieben ist. Dadurch ist zumindest dieser Punkt, des sich über etwa 80km von Foum Assaka fast bis Tan Tan hinziehenden Strandes Plage Blanche, auch für nur bedingt geländegängige Fahrzeuge erreichbar.Die alte Strecke P1300, die beim Camping Sabra von der neuen Asphaltstrasse abzweigt und über Bou Jerif Richtung Foum Assaka an die Küste und dann den ganzen Plage Blanche entlang führt, ist offenbar seit längerer Zeit selbst für Allradfahrzeuge nur bedingt befahrbar.
Standen wir am Samstag abend noch alleine auf den Sanddünen über der Flussmündung, tauchten am Sonntag vormittag bei strahlendem Sonnenschein und ausnahmsweise nur leichtem Wind, nach und nach mehrere marokkanische Familien mit ihren Pickups auf und um uns herum entstanden mehrere Picknicklager. Die Sanddünen sind offenbar auch für marokkanische Kinder ein toller Spielplatz. Mit Vergnügen kletterten sie hinauf, um auf dem Po oder sogar bäuchlings wieder hinunter zu rutschen.
Während wir vor unserem Auto bei einem sich bis Mittags hinziehenden Frühstück in der Sonne saßen, kamen zwei etwa 17jährige Schülerinnen aus Guelmin und fragten Carola, ob sie Fotos machen dürften. Mit Vergnügen setzten sie sich auf unsere Stühle vor das Auto, nahmen eines der auf dem Tisch liegenden Bücher und fotografierten sich gegenseitig und mit Carola.Später beim Abfahren sahen wir sie noch einmal mit anderen Jugendlichen auf den Dünen herumtollen.

Wir wollten ausprobieren, ob wir nicht von hier aus ein Stück die alte Straße  Richtung Norden am Strand entlang fahren könnten, anstatt die neue Asphaltstrasse wieder zurück zu fahren. Weit kamen wir allerdings nicht. Was auf der GPS- Karte wie eine Strasse aussah, entpuppte sich als vage Piste und führte nach ein paar Kilometern hinunter in ein morastiges Gebiet vor dem Strand. So beschlossen wir umzukehren und stattdessen einen Abstecher über die nur 9km langen Piste weiter im Inland nach Fort Bou Jerif zu machen.

Reisen bildet

Reisen bildet
….und macht ganz viel Spaß, schafft Freundschaften (kurzfristig) und erhält die körperliche Fitness.
Mittlerweile habe ich noch mehr merkwürdige Tiere kennengelernt. Diesen riesigen Vogel Strauß zum Beispiel. Also so etwas hab ich mir ja nicht vorstellen können.Mal gut, dass der hinter einem Zaun war. Und dann frisst so ein Riesenvogel nur vegetarisch, mit Vorliebe Auberginen. Das fand ich ja wieder ganz beruhigend.
Andere Vögel habe ich noch kennengelernt, Flamingos nennt man sie. Sie flogen über uns hinweg und hatten ganz lange rosafarbene Beine.
Heute morgen hatte ich dann meinen Spaß mit hunderten von Fröschen. Die haben vielleicht einen Radau gemacht. Ich bin durch einen Fluss gerannt und sie sprangen links und rechts von mir ins Wasser.Eine Wasserschildkröte gab es auch. Die ist aber ganz schnell untergetaucht.
Und dann hatte ich noch Tiere zum Spielen, die meine Herrschaften als Erdmännchen bezeichnen. Genau wissen sie das auch nicht. Die sind ziemlich putzig, machen Männchen und verschwinden in Erdhöhlen, wenn ich sie mir genauer anschauen möchte.
Ansonsten ist mein Leben im Moment ziemlich perfekt. Ich habe jede Menge Freiheiten oder nehme sie mir. Naja, manchmal behaupten Carola und Manfred ich würde wie eine ganze Ziegen- und Schafsherde stinken. Schließlich muss ich mich ja nach einem erfrischenden Bad irgendwo ordentlich im Sand wälzen. Ich kann doch nichts dafür, dass vorher eine Herde vorbeigezogen ist.

Wüstenfort Bou-Jerif

Nachdem unsere Fahrt entlang der Küste zurück nach Foum Assaka gescheitert war, fuhren wir ein Stück die Asphaltstrasse zurück und bogen dann ab auf eine Piste, die zum Camp Bou-Jerif führen sollte. Hier hat vor ca. 30 Jahren ein französisches Paar ein Camp für Offroadfahrer eingerichtet und nachdem die alte Strecke über die P1300 nicht mehr befahrbar war, diese Piste eingerichtet. Etwa einen Kilometer von dem Camp entfernt liegt das alte französische Fort Bou-Jerif, das wir uns anschauen wollten.Bis zum Camp war die Piste auch für uns gut fahrbar. Der nächste Kilometer bis zum Fort war schon schwieriger, aber dank unserer neuen Luftfedern, die sich schon in der Schlucht von Ait Mansour bewährt hatten, konnten wir auch dieses Stück problemlos meistern. Dahinter war dann abe Schluss, denn hier hat sich der Oued Noun seinen Weg durch die Landschaft gebahnt und das war nur noch was für echte Geländefahrzeuge.Der Platz gefiel uns so gut, dass wir beschlossen hier für die Nacht zu bleiben, anstatt zurück zum Camp zu fahren.
Mehr Bilder zum Fort Bou-Jerif gibt es in den Galerien.

Merlin konnte hier frei herumstromern, was er auch ausgiebig ausnutzte. Überhaupt wird er immer mutiger und selbstständiger und schleicht sich gerne davon, wenn wir mal einen Moment unachtsam sind.

Auch den nächsten Tag blieben wir noch an diesem schönen Fleck, wanderten am Fluss entlang und beobachteten Merlin beim Herumtollen im Wasser. Man wundert sich, wie viel Leben in dieser kargen Landschaft  ist. Der Boden ist überall durchlöchert, und man sieht ständig die kleinen Atlashörnchen herumflitzen oder Männchen machen. Erst hielten wir sie für Erdmännchen, aber die gibt es wohl nur in Südafrika. Die Atlashörnchen sind Verwandte unserer Eichhörnchen, haben aber nicht so einen buschigen Schwanz und leben in Erdlöchern.Wo es Wasser gibt sind Frösche und Wasserschildkröten zu beobachten, die schnell abtauchen, wenn man sich nähert, aber neugierig bald wieder auftauchen, wenn man einen Moment ruhig wartet.

Für die nächste Nacht beschlossen wir ins Camp zurück zu fahren und uns mal wieder etwas Luxus zu gönnen, denn der neue Besitzer hat hier mitten im Nichts eine kleine Oase mit allem französischen Komfort geschaffen. Wasser aus dem Tiefbrunnen, Strom vom eigenen Generator und alles funktioniert und ist wunderschön angelegt. Abends ein Menue mit 3 Gängen, morgens Frühstück mit frischen Pfannkuchen und selbstgemachter Marmelade. Hier liesse es sich schon ein Weilchen aushalten. Wer auf den Geschmack gekommen ist, findet mehr unter: www.fortboujerif.comAber uns unruhige Geister zog es weiter zur Oase Tighmert…