26. Oktober 2014 – Bou Thrarar
Gestern ging es wieder zurück nach Boulmalne du Dadės. Noch einmal die Serpentinen rauf und runter. Diesmal hielten wir in Ait Arbi und liefen über die schmale Brücke hinüber in den kleinen Ort, um uns die alten Kasbahs aus der Nähe anzusehen, die uns schon auf dem Hinweg aufgefallen waren.
Als wir so um die alten Gemäuer herumliefen und einen möglichen Eingang suchten, sprach uns ein junger Mann an und erbot sich, uns herumzuführen. Er sprach leider nur ein paar Brocken Französisch und so bekamen wir nur magere Erklärungen in einer Mischung aus einem Berberdialekt und ein paar Brocken Französisch. Die Kasbah gehört danach seiner Familie, die aber inzwischen in mehreren neuen Häuser in der Nachbarschaft wohnt. Es wurden wohl schon mehrere Versuche begonnen, das Gebäude zu restaurieren und als Museum herzurichten. Bisher sind aber wegen Geldmangel nur einige grundlegende Sicherungsarbeiten am Dach erfolgt. So mussten wir im Dunklen die zerfallenen Treppenstufen hinaufsteigen, um in die oberen Etagen und auf das Dach zu gelangen, bekamen aber dafür einen Eindruck vom ursprünglichen Aufbau eines solchen Gebäudes. Die Aktion wäre fast daran gescheitert, dass sich im Treppenturm eine wilde Hündin mit ihren Jungen eingerichtet hatte. Glücklicherweise gab es einen zweiten Treppenturm, der allerdings in noch schlechterem Zustand war. So kamen wir dann doch nach oben. Kaum vorstellbar, dass hier noch vor 50 Jahren bis zu 10 Familien gewohnt haben.
Zurück an der Hauptstrasse fuhren wir noch einmal ins Zentrum von Boulmalne du Dadės, schlenderten über den Markt und durch die umliegenden Strassen und suchten uns einen Platz auf der schattigen Dachterasse eines kleinen Lokals mit Blick auf den zentralen Platz vor dem Souk, um von dort, die unten ablaufende Vorstellung, bei frisch gepresstem Orangensaft und einer Tajine anzuschauen.
Ab hier wendet sich der Dadės nach Westen entlang der Berge und so erscheinen die 25km bis nach El-Kelaa M’Gouna fast wie ein einziges Straßendorf. Die Gegend hier wird als Tal der Rosen bezeichnet, weil hier eine bestimmte Damaszener Rose wächst, deren Blüten im großen Stil zur Destillation von Rosenwasser verwendet werden. Jetzt, Ende Oktober, ist davon aber, abgesehen von vielen Läden, die Rosenduft in allen möglichen Darreichungsformen anbieten, nicht viel zu sehen. Wieder geht es hinein in die Berge. Leider führt die einzige asphaltierte Strasse erst einmal weg vom Tal des M’Gouna hinein in die kahlen Berge. Nach ca. 15km findet die Strasse aber auf 1600m Höhe doch wieder den Weg ins Flusstal und man befindet sich in einer, vom Tourismus noch weitgehend unberührten Berglandschaft mit kleinen Dörfern, wo unten am Fluss die Frauen Wäsche waschen und zum Trocknen in den Weiden und Rosenbüschen ausbreiten.
Wir sind auf gut Glück hier hinaufgefahren, ohne zu wissen,ob es hier einen geeigneten Übernachtungsplatz gibt. In Bou Thrarar halten wir an einer kleinen Herberge, deren Zufahrt aber bestenfalls für PKW taugt, um uns nach einem Stellplatz zu erkundigen. Bevor wir eine Auskunft erhalten, müssen wir im wunderschönen Innenhof Platz nehmen und einen Tee trinken, wie das hier so üblich ist. Während wir unseren Tee trinken, kommen mehrere Franzosen mit ihren Trekkingrädern in den Innenhof, offenbar auch eine Alternative den Hohen Atlas zu erkunden. Sie waren wohl mit kundigem Bergführer und Allrad-Begleitfahrzeug unterwegs und wollten hier Quartier beziehen.
Nachdem wir unseren Tee getrunken haben, werden wir an eine nette Familie verwiesen, die oberhalb des Ortes am Berghang eine Kasbah als Hotel betreibt und davor einen kleinen Stellplatz für Wohnmobile eingerichtet hat. Die Auffahrt ist nicht asphaltiert und für unser Auto gerade noch zu schaffen, die Aussicht von dort aber einfach toll. Nach dem Abendessen sitzen wir noch lange auf der Terrasse vor dem Haus und versuchen uns in musikalischer Verständigung mit einem der Söhne, der seine verstimmte Gitarre hervorholtund völlig fasziniert von meiner Drehleier ist.
Am nächsten Morgen fällt der angekündigte spektakuläre Sonnenaufgang wegen dichter Wolken aus, aber dafür giebt es Frühstück vom Haus mit frischen Pfannkuchen und Feigenmarmelade. Danach verabschieden wir uns schweren Herzens von den netten Menschen, die auch Merlin ins Herz geschlossen hat, denn er durfte überall frei herumlaufen und nutzte das auch weidlich aus.
Bevor wir uns wieder auf den Rückweg machen, erkunden wir noch den alten Ortskern mit seinen, leider auch dem Verfall preisgegebenen, alten Kasbahs und fahren die Strasse noch ein paar Kilometer weiter, um zu sehen, ob sie hier tatsächlich endet und nur als Piste weitergeht. Die Bautätigkeit scheint aber weiter vorangekommen zu sein, als nach den Routenbeschreibungen zu erwarten war. Es war kein Ende des Asphalts abzusehen und so machen wir trotzdem kehrt, denn wir haben uns vorgenommen noch bis Agzd ins Draâtal vorzustoßen. Die weitere Etappe über Skoura nach Ouazzarzate wollenwir uns für gemeinsame Exkursionen mit unseren Besuchern Mitte November aufheben und so fahren wir, nachdem wir unsere Bargeldvorräte in El-Kelaa M’Gouna aufgefrischt haben und in der einzigen Pattisserie ein paar Leckereien erworben haben, durch bis in den Palmenhain von Agzd und beziehen Quartier im Palmenhain eines der letzten Nachfahren des Kaid Si Ali dessen Familie für 400 Jahre bis in die 40er Jahre des 20ten Jahrhundert als Vertreter des Sultans hier geherrscht haben.
Manfred