Archiv für den Monat: Oktober 2015

Der Süden ruft…

Gradara, eine der besterhaltensten mittelalterlichen Festungsstädte Italiens ist unser Anlaufpunkt für die Nacht. Dort, am Fuß der mächtigen Stadtmauern, finden wir einen Wohnmobilparkplatz mit Ver- und Entsorgungsmöglichkeit, wo wir unser Fahrzeug für die Nacht abstellen und gleich noch zu einem Rundgang durch die Gassen und entlang der Wehrmauern aufbrechen. Außer ein paar Hundebesitzern auf Abendrunde begegnet uns zu dieser Zeit – es ist 20:00 Uhr- niemand mehr, die letzten Lokale klappen gerade die Läden herunter. Glücklicherweise sind die Zeiten vorbei, wo die Stadttore bei Sonnenuntergang geschlossen wurden, sodaß wir unbehelligt wieder hinaus zu unserem Auto gelangen.

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Am nächsten Morgen geht es nach einem Cafe gleich weiter. Das Wetter ist eher norddeutsch herbstlich, und uns zieht es weiter Richtung Süden. Nur unterbrochen durch einen kurzen Einkaufsstop fahren wir ca. 350km bis zu dem kleinen Naturschutzgebiet Punta Aderci bei Vasto. Offenbar haben wir es geschafft, dem trüben Wetter davon zu fahren, denn wir können bei blauem Himmel und Sonnenschein zum ersten Mal Tisch und Stühle auspacken und ein verspätetes, dafür umso ausgiebigeres Frühstück in der Sonne genießen.

Die Küste ist hier nicht mehr so flach, sondern abwechselungsreicher mit felsigen Abschnitten, unterbrochen von Sandbuchten, die wir gut gesättigt ausgiebig in beiden Richtungen erkunden. An den Felsen und auf der Mole des nahegelegenen kleinen Hafens stoßen wir wieder auf verschiedenste Varianten der bereits beschriebenen Pfahlbauten zum Fischfang. Inzwischen haben wir gelernt, dass sie hier Traboccos genannt werden.

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Nach einer ruhigen Nacht zeigt sich dasWetter immer noch trübe. Immerhin ist es mit 17 Grad deutlich wärmer als an unserem letzten Übernachtungsplatz. So fahren wir nach dem Frühstück nochmals ca. 100km weiter Richtung Süden zur Halbinsel Gargano, die sich mit bis zu 1000m Höhe etwa 50 km ins Meer hinaus erstreckt und einen der schönsten Küstenabschnitte Süditalien haben soll. Diesmal geht es nicht über die Autobahn, sondern über kleine Straßen und sofort fällt auf, dass die Orte viel ärmlicher wirken und überall Dreck die Straßenränder säumt. Ist das ein Zeichen, dass wir im Süden angekommen sind?

Bei Lesina biegen wir ab auf die Halbinsel Gargano. Unser erster Halt beim Torre Mileto wirkt auch nicht besser und so fahren wir gleich weiter nach Rodi Garganico, einem kleinen Ort mit engen Gassen auf einem Felsen steil über dem Meer. Das Auto muss draußen bleiben, Merlin passt darauf auf, und wir schlendern durch die steilen Gassen. Der Ort wirkt zwar auch etwas verlassen, ob wegen Siesta oder Saisonende ist nicht klar, auf jeden Fall aber sauber und freundlich. Wir finden sogar ein geöffnetes Lokal, wo man uns eine Pizza frisch aus dem Holzofen serviert.

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Es ist inzwischen noch einmal deutlich wärmer geworden und so werden, zurück am Auto, die Karten studiert, um nach einem ruhigen Platz Ausschau zu halten. Den finden wir auch, nachdem wir in Serpentinen hinunter in die nächste Bucht gefahren sind und den Wegweisern zur Sosta Camper gefolgt sind.

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Für 15 Euro erwartet uns hier ein Stellplatz direkt am leeren Sandstrand, den wir mit mehreren Hunden, ein paar Fischern und 3 weiteren Campern teilen müssen, die im Laufe des Nachmittags eintrudeln. Abends ist es noch so milde, dass wir lange im Dunkeln draußen sitzen – bei Kerzenschein, Rotwein, Oliven und Erdnüssen…..

Nachts werden wir dann von heftigem Regen geweckt, der uns durch die offene Dachluke ins Bett platscht, begleitet von Blitz und Donner. Dabei ist es immer noch so warm, dass wir froh sind als der Regen nachläßt und wir die Luken wieder etwas öffnen können.

Malerische Küste und 1000jährige Wälder

Am nächsten Morgen sind nur noch leichte Wölkchen zu sehen, und wir frühstücken bei Sonnenschein draußen und sehen unseren Nachbarn bewundernd zu, wie sie ausdauernd mehrmals den Strand in beiden Richtungen entlangjoggen. Als sie dann ihre Badesachen auspacken und im Meer schwimmen gehen, ist Carola auch nicht mehr zu halten. Merlin als treuer Begleiter traut sich mutig hinterher ins flache Wasser, bis eine etwas größere Welle über ihn schwappt und er erschreckt und durchnäßt den Rückzug antritt. Dann doch lieber ein ordentliches Sandbad……

Nachdem die beiden zurück sind, gehe auch ich eine Runde schwimmen, bevor wir uns wieder auf den Weg machen. Am Ende der Bucht geht’s wieder in Serpentinen hinauf. Peschici liegt ebenfalls auf einem Felsen über dem Meer, ist aber größer und lebendiger als Rodi Garganico. Wir sind allerdings heute auch deutlich früher unterwegs als gestern.

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In den kleinen Läden der Altstadt stocken wir mit Vergnügen unsere Vorräte mit leckerem Käse, frischem Brot und Obst auf, gönnen uns noch einen Cappuchino und machen uns dann auf, den Foresta Umbra zu erkunden.

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Also wieder hinunter in die Bucht und von dort ins Innere der Halbinsel, wo es noch 1000jährige Eibenwälder geben soll. Auf schmalen Sträßchen geht es  erst durch Eichenwälder, dann überwiegend riesige Buchen hinauf auf 800m. Dort stellen wir das Auto auf einem Wanderparkplatz ab. Hier oben ist es deutlich kühler. Man kann sich vorstellen, dass im Sommer viele Menschen wegen der Kühle hier hinaufkommen. Leider sind die Wege nur italienisch ausgezeichnet, sodaß wir auf gut Glück loslaufen und darauf vertrauen, dass uns das Navi im Notfall den Weg zurück zum Auto weist. 2 Stunden später, zurück am Auto nach 6 km Rundweg, haben wir den Eibenwald zwar nicht gefunden, aber trotzdem eine wunderschöne Wanderung zwischen riesigen efeuüberwucherten Buchen, moosbewachsenen Felsen und dazwischen immer wieder Kolonien von wilden Alpenveilchen gemacht.

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Zurück am Parkplatz erstehen wir bei einem fliegenden Händler, der hier noch auf die letzten Touristen der Saison wartet, ein Glas Kastanienhonig, nicht ohne uns vorher durch sein Angebot probiert zu haben. Fast wäre noch eine Flasche Limoncello mitgekommen, musste dann aber einer Tüte Limoncellogebäck weichen. Dann geht’s wieder die 800m hinunter an die Küste. Kurz vor Vieste finden wir einen Platz auf den steilen Klippen direkt am Meer. Unter uns donnert die Brandung gegen die ausgewaschenen Felsen. Mal sehen, wie gut man dabei schlafen kann….

Küstenslalom mit Panoramablick

Gut haben wir geschlafen, trotz Brandung, die allerdings gegen Morgen deutlich friedlicher wurde. Beim Morgenrundgang entdeckte ich, dass der Felsen, auf dem wir unser Auto geparkt haben, an vielen Stellen offenbar zur Steingewinnung genutzt worden war.

Steinbruch am Meer

Der Kalkstein muß offenbar so weich sein, dass man einfach Blöcke herausschneiden kann und so entstanden Treppen und kleinere und größere Becken, in denen sich das Wasser der Brandung sammelt. Direkt vor unserem Auto war regelrecht ein Schwimmbad aus den Felsen gesägt worden, dessen Boden unter der Wasserlinie liegt und das somit mit jeder größeren Welle frisch nachgefüllt wird. In die Wände geritzte Grafitti zeugt von eifriger Nutzung.

Stellplatz am Steinbruch

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Nach dem Frühstück ging es einmal über die Bucht mit breitem Sandstrand hinüber nach Vieste. Wir brauchten mehrere Anläufe, um eine Strasse zu finden, die nicht für Wohnmobile gesperrt war und uns trotzdem nahe genug an die Altstadt heranbrachte. Die Schilder scheinen aber nur für die Hauptsaison gedacht zu sein. Jedenfalls sahen wir genug italienische Womos, die sie ignorierten. Offenbar hat man es nur nicht für nötig befunden, eine saisonale Begrenzung an den Schildern anzubringen. Ähnliches scheint auch für viele Parkplätze zu gelten, die zumindest theoretisch gebührenpflichtig sind.

Die Stadt wirkt am Samstag Vormittag sehr lebendig, fast orientalisch mit Marktständen an den Straßen und Gemüse- und Obsthändlern, die mit kleinen Lastwagen in die engen Gassen hineinfahren und dabei lautstark ihre Waren anpreisen.

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Die Altstadt ist wieder auf einen Felsen gebaut, der auf einer Seite steil zum Meer abfällt. Ein schmaler Weg verbindet die Gassen, die oft in kleinen Plätzen an der Kante enden und von denen man einen herrlichen Blick hinunter aufs Meer, die Felsen und den daran folgenden Sandstrand hat.

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Eigentlich wollten wir ja ein Cafe mit freiem WiFi finden, was sich aber als schwierig herausstellt und so müssen wir uns mit einer Mobilfunkverbindung behelfen, um endlich mal die ersten Blogs zu veröffentlichen.

Die nächsten 50 km nach Vieste schraubt sich eine kleine Straße in abenteuerlichen Kehren an der Steilküste entlang. Glücklicherweise gibt es immer wieder kleine Parkbuchten an denen auch der Fahrer mal den Ausblick genießen kann, ohne in Gefahr zu  laufen, Fahrzeug und Besatzung ernstlich in Gefahr zu bringen.

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Eigentlich hatten wir ja gehofft, noch einmal  eine Bucht mit Sandstrand zu finden – für eine Mittagspause inclusive Bad für Mensch und Hund – aber die sind entweder in privater Hand oder blockiert von Hotels oder Campingplätzen oder zu felsig zum Baden. So beschließen wir den Gargano zu verlassen und suchen uns hinter Manfredonia, wo die Küste wieder flach und sandig ist, einen geöffneten Campingplatz. Mal wieder eine warme Dusche ist auch nicht schlecht.

Also, ich will auch mal was sagen…

Mein Herrchen beschreibt ja alles ganz gut, und deswegen musste ich mich noch nicht so schnell zu Wort melden. Zumal ich ja auch hin und wieder erwähnt werde. Es hat lange gedauert, bis meine Herrschaften verstanden haben, dass ich mal wieder ein bisschen Abwechslung gebrauchen kann. Ich habe mich demonstrativ vors Wohnmobil gelegt und wenn möglich hinein, und irgendwann haben sie es kapiert. Als dann mein Sack mit Futter und die Näpfe ins Auto geräumt wurden, war ich mir sicher, es geht bald los.

Am Anfang war ich noch ganz aufgeregt bei jedem Stopp. Mittlerweile nehme ich das gelassen.

Also die Menschen hier sind ausgesprochen nett zu mir. Ich bekomme jede Menge Streicheleinheiten und verzückte Zurufe. Ich verstehe nur nicht, warum, wenn sie doch Hunde mögen, so viele hier in einem erbärmlichen Zustand sind. Selbst an meinen Wassernapf gehen sie, um mal vernünftiges Wasser zu bekommen. Und ich sage auch nichts, wenn mein Frauchen Ihnen von meinen Hundekuchen abgibt. Sie sind sehr lieb, und ich komme mit allen gut aus.

Was mir nicht so gut gefällt, ist das Meer. Erst bin ich begeistert hinein gelaufen aber dann hat es mich attackiert und ist weiß schäumend über mich geschwappt. Ich habe beschlossen, es mag mich nicht und ich es auch nicht. Außerdem schmeckt es überhaupt nicht und richtig kühl ist es auch nicht. Ab jetzt warte ich am Strand, wenn meine Herrschaften baden.

Zu Besuch bei Friedrich II.

Unser Campingplatz mit Wifi und heißer Dusche lag direkt am Meer und so nutzten wir den Rest des Nachmittags für einen Strandspaziergang. Vor den Campingplätzen, die hier fast einer am anderen liegen ist der Sandstrand sauber, aber sobald man den Bereich verlässt,hat man dass Gefühl über eine Müllkippe zu laufen. Ich kann mir kaum vorstellen, das all der Müll hier vom Meer angespült wurde.

Den nächsten Morgen gehen wir langsam an, es ist schließlich Sonntag. Also ausgiebiges Frühstück, dann ein Bad im Meer und eine heiße Dusche, dann sind wir bereit fürs Sonntagsprogramm:

Castel del Monte, Repräsentationsbau oder Jagdschloss Friedrichs des Zweiten, liegt von weitem sichtbar auf einer Hügelkuppe etwa 50 km landeinwärts.

Viele Legenden ranken sich um dieses ungewöhnliche Bauwerk, an dessen Entwurf Friedrich II 1240 persönlich beteiligt gewesen sein soll. Es hat einen achteckigen Grundriss mit achteckigen Türmen an allen Ecken. Um einen ebenfalls achteckigen Innenhof gruppieren sich auf 2 Etagen 16 gleichartige Räume, jeweils einer pro Seite. Die Räume sind nicht durchgängig miteinander verbunden, sodass der Besucher mehrmals den Innenhof durchqueren muß, um in alle Räume zu gelangen.

Castel del Monte 1

Castel del Monte 3

Bereits auf dem Parkplatz, auf den man zwangsweise noch unterhalb der Hügelkuppe geleitet wird, herrschte Trubel. Der Parkplatz ist auch eher ein Freizeitpark mit Spielplätzen, Picknickplätzen, Grillplätzen und einer Open Air Karaokebar, alles heute am Sonntag gut besucht von Großfamilien mit Kind und Kegel. Den Shuttlebusservice hinauf zum Castel nehmen wir nicht in Anspruch sondern gehen zu Fuß. So bekommt Merlin auch gleich seinen Spaziergang. Oben angekommen ist nicht weniger Betrieb, ganze Busladungen werden hier abgesetzt um das zum UNESCO Weltkulturerbe gehörende mächtige Bauwerk zu bewundern. Ein teil des Trubels erklärt sich vielleicht auch dadurch, dass heute am Sonntag jedermann freien Eintritt hat.

Zurück am Parkplatz beschließen wir, über Nacht hier zu bleiben, und suchen uns einen Platz möglichst weit entfernt von der Karaokebar, von der wir mit italienischen Schnulzen beschallt werden und genießen die Abendsonne.

Pünktlich zum Sonnenuntergang endet das Musikprogramm, der Parkplatz leert sich ziemlich schnell und wir haben gemeinsam mit einem zweiten Camper das Gelände für uns. Als wir am Montagvormittag nach einer ruhigen Nacht das Gelände verlassen, liegt es ruhig da und von Besuchern ist nichts zu sehen. Sonntags ist offenbar Ausflugstag. Wir wollen uns in den nächsten Tagen anschauen, wofür Apulien überall bekannt ist: die Trulli.

Alter Trulli

Eingang alter Trulli

Noci ist die erste kleine Stadt, in der wir Halt machen, bekannt für ihre Weichkäsespezialitäten. In der Altstadt mit ihren kleinen Häusern und engen Gassen fällt auf, dass viele Dächer nicht mit Ziegeln, sondern übereinandergeschichteten flachen Steinplatten gedeckt sind, auch wenn sie nicht die typische Trulliform haben.

Noci

Die finden wir dann im nächsten Ort Alberobello. Hier sind zwei Stadtteile mit den typischen Trullihäusern touristisch herausgeputzt worden. Mehr als 1600 solcher Trulli soll es hier geben und in jedem 2. gibt es einen Souvenirladen. Alberobello ist offenbar ein beliebtes Landausflugsziel für Kreuzfahrtschiffe, die im 50km entfernten Hafen von Bari Halt machen.

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Uns wirkt das Ganze zu sehr wie Disneyland, und so machen wir uns bald wieder auf, die ursprünglichen, weniger touristischen Trulli zu finden. Nur wenige 100m entfernt von Campingplatz am Stadtrand, auf dem wir für die Nacht Quartier nehmen, finden wir die verschiedensten Bauformen – einfach mal in der Galerie nachsehen…

Das war cool…

Gestern habe ich etwas erlebt, das ich spannend fand:

Wir waren mal wieder in so einen Ort, wo es immer bergauf und bergab geht, gefahren und ausgerechnet mittags, wenn ich normalerweise mein Schläfchen halte, sollte ich mit durch die heißen Straßen laufen. Wir waren noch nicht weit gekommen – ich habe da so meine Methoden, wenn ich keine Lust habe – da kamen aus den Gassen vor uns etwas traurige, aber irgendwie schräge Geräusche, die immer lauter wurden. Ich wollte schon den Abgang machen, da kamen aus der Gasse ein paar Männer in dunklen Anzügen, mit dunklen Sonnenbrillen auf der Nase, sehr lässig und schauten sich ständig um. Als hinter ihnen weitere Menschen auftauchten, die offenbar für die merkwürdigen Geräusche verantwortlich waren, traten die Männer einfach auf die Straße und hielten alle Autos mit lässigen Handbewegungen auf. Das hat mir sehr imponiert. Hinter den Krach machenden Menschen fuhr ein Auto im Schritttempo und dahinter kamen jede Menge weiterer dunkel gekleideter Menschen mit ernsten Gesichtern. Die maschierten alle einfach mitten auf der Straße den Berg hinunter.

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Ich hab mir daraufhin mal von Carola die Sonnenbrille ausgeliehen. Ob die Autos so auch mehr Respekt vor mir haben? Mal sehen…

Merlin

Valle d’Itria

2 Tage sind seit dem letzten Eintrag vergangen an denen wir über Fasano, Locorotondo und Cisternino nach Ostuni gefahren sind, mit einem Abstecher zur Küste bei Egnazia, wo wir gestern übernachtet haben.
Valle d’Itria heisst diese Region Apuliens, die auch Zona dei Trulli genannt wird. Durch Weinberge und alte Olivenhaine geht es, aus denen immer wieder die auffallenden Steintürmchen der Trullidächer herausragen: mal ein einziges von einem Schafstall, mal ein ganzes Ensemble von einem Wohnhaus, das aus vielen aneinander gebauten Trulli besteht. Diese Bauform ist wohl entstanden aufgrund eines alten Steuergesetzes, das Häuser mit einem hohen Steuersatz belegte, die steinernen Rundbauten aber nicht erfasste. So begannen clevere Bauern anstatt eines Hauses mit mehreren Zimmern mehrere Trulli so aneinander zu bauen, dass mehrere Räume entstanden. Bei Bedarf wurde einfach ein weiterer Trulli angebaut.

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Im Stadtbild findet mal das eigentlich nur in Alberobello. Die übrigen alten Städte der Region haben eher einen orientalischen Charakter. Meist auf die Hügelkuppen gebaut, mit wehrhaften Mauern, engen verwinkelten Gassen und vielen Treppen sind die Häuser derart ineinander verschachtelt, dass man nicht weiß, wo eins aufhört und ein anderes anfängt. Heute ist drum herum eine moderne Kleinstadt gewachsen, aber die alten Kerne sind erstaunlich gut erhalten, liebevoll restauriert und sauber!!! Autos haben hier sowieso keine Chance. Trotzdem wundert man sich hin und wieder, wenn man eines plötzlich in einer winzigen Gasse stehen sieht. Wie das wohl hier hingekommen ist?..

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Das Reisen außerhalb der Saison hat, besonders wenn man mit dem Wohnmobil unterwegs ist, doch große Vorteile – man findet immer einen Parkplatz in Altstadtnähe, oft sogar mit Ver- und Entsorgungsmöglichkeiten und niemand macht sich die Mühe wegen der paar Camper Parkgebühren zu kassieren.

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Gravinas und Sassi

4 Tage vergangen seit wir bei blauem Himmel in Ostuni gestartet sind. Den Übernachtungsplatz in der Stadt haben wir gut ausgenutzt: abends trotz Regen noch einen Gute Nacht Drink in einer kleinen Bar, morgens Frühstück italienisch im Cafe mit Cappuccino und Crossini.

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Dann zur nächsten Panificio frische Paninis holen für das 2. (deutsche) Frühstück (man kann seine Herkunft halt doch nicht leugnen..).Das gab’s dann beim ersten Halt (Hundepinkelpause) auf dem Weg nach Massafra.

Massafra ist eine der apulischen Städte, die auf Tuffstein gebaut ist. Die Altstadt liegt zwischen 2 Gravinas, steilen Schluchten, deren Tuffsteinwände schon vor Jahrhunderten von Menschenhand ausgehöhlt wurden. Ähnlich wie in Kappadokien in der Türkei entstanden auch hier im 9. und 10. Jahrhundert, als der byzantinische Kaiser die Ikonenmalerei verbot, durch flüchtende Mönche aus Kleinasien und dem Balkan viele Höhlenkirchen mit Freskenmalereien.

Offenbar hat man hier aber schlechte Erfahrungen gemacht, denn wir fanden die Eingänge verschlossen und ein Hinweisschild auf Öffnungszeiten von ein paar Stunden am Vormittag. Beim Versuch durch die Stadt ans untere Ende der Canons zu gelangen, wären wir dann fast in den immer enger werdenden Straßen steckengeblieben. Kein Hinweis- oder Verbotsschild bereitete uns darauf vor:

Erst zweispurig teilte sich die Straße bergab plötzlich in 2 Einbahnstraßen, die sich immer schmaler werdend durch die Häuser schlängelten, bis wir irgendwann nicht mehr weiter kamen. Die Straße war einfach nicht breit genug für uns. Nur unter Einsatz von Hilfskräften für das Dirigieren beim Rückwärtsmanövrieren und Anhalten des Verkehrs, damit wir über eine Einbahnstrasse in der falschen Richtung aus der Engstelle entkommen konnten, kamen wir ohne größere Schrammen und Beulen aus der Misere. Danach hatten wir erst einmal genug von Massafra und flüchteten ans Meer. Das schöne Wetter wollten wir besser zum Baden nutzen.
Aus unerfindlichen Gründen haben die Italiener auch hier die Eisenbahnlinie direkt am Meer entlang gebaut, gerade weit genug weg, dass auch bei Sturm der Bahndamm trocken bleibt. Man muß also eine Stelle finden, wo man über oder unter der Bahnlinie an den Strand kommen kann. Ein einsamer, etwas verwahrloster Campingplatz bot sich an, der über einen Zugang zum Strand verfügte, an dem sich sogar, keine 100m vom Meer entfernt, ein kleiner Süßwasserteich fand.

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Die Quelle, die den Teich speiste, entsprang mitten darin und verwandelte den Teich in eine Art natürlichen Whirlpool. Hier könnte man es direkt ein paar Tage aushalten, wenn das Wetter so bliebe wie diesen Morgen…
Das Wetter hat den Erwartungen nicht standgehalten, trotzdem sind wir noch einen Tag dort geblieben. Merlin durfte frei herumstromern und faulenzen. Trotz abendlicher Gewitter und heftigem Regen fielen die Temperaturen kaum unter 20 Grad.
Samstag früh machten wir einen neuen Anlauf und fuhren vorsichtig wieder nach Massafra hinein, machten aber um die Altstadt einen Bogen und versuchten unser Glück zu Fuß. Die Touristinfo fanden wir verschlossen vor und ein Versuch auf eigene Faust vom unteren Ende in die Schlucht hinein zu kommen, scheiterte ebenfalls nach kurzer Strecke an einem Italiener, der mir den weiteren Zugang verwehrte.
Da es zudem auch wieder angefangen hatte zu regnen, verließen wir Massafra ohne viel von seinen Sehenswürdigkeiten gesehen zu haben und beschlossen, sozusagen die Seite zu wechseln – vielleicht ist das Wetter an der Südküste ja besser.

Das Wetter enttäuschte uns jedoch auch hier, bei Sturm und heftigem Regen fuhren wir ein Stück die italienische Fußsohle entlang. Bei Mesaponto hatte das Wetter ein einsehen und erlaubte uns die wenigen verbliebenen Überreste der einstigen griechischen Stadt zu besichtigen, in der Pythagoras vor fast dreitausend Jahren seine mathematische Sätze formulierte.

Das Wetter war noch immer stürmisch, und so hielt uns nichts mehr an der Küste, nachdem wir uns im einzigen offenen Lokal des im Sommer sicher trubeligen Badeortes Lido di Mesaponto gestärkt hatten.

Einen letzten Anlauf wollten wir noch machen, etwas von der Tuffsteinlandschaft und den Höhlenkirchen zu sehen, aber nicht in Massafra, sondern in Matera, etwa 40km westlich von Massafra.
Es war bereits dunkel als wir dort ankamen, und die Anfahrt zu unserem Übernachtungsplatz wäre ohne Navi schwierig geworden, denn Matera ist ebenfalls in die Tuffsteinwände über einer verzweigten Gravina gebaut und wir hatten uns einen Platz mit Panoramablick auf der gegenüberliegenden Seite des Cañons als Stellplatz für die Nacht ausgesucht. Dank Navi und entsprechender Beschreibung trauten wir uns im Dunklen die Schotterpiste am Cañonrand entlang zu fahren und wurden dafür auch mit einem grandiosen Blick auf die Lichter der Stadt belohnt.

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Gegen 20:00 Uhr wurde es auf einmal lebendig auf unserem einsamen Platz. Ein Auto nach dem anderen kam heraufgefahren. Es dauerte eine Weile, bis wir verstanden, dass in der kleinen Höhlenkirche in der Canonwand direkt unter unserem Stellplatz offenbar eine abendliche Messe stattfand. Eine Stunde später waren die Kirchgänger wieder verschwunden, aber auch die Stadtjugend schien den Platz gerne für nächtliche Rendevous zu nutzen und so bekamen wir bis 2:00 Uhr nachts immer wieder Besuch – es war schließlich Samstag.

Am nächsten Morgen lag dann die ganzen Stadt vor uns, als wir hinausschauten. Den Vormittag nutzten wir, um auf Klettertouren die Umgebung zu erkunden. Nachmittags ging es hinüber in die Stadt. Merlin hatte sich vormittags beim Klettern bereits ausgetobt und durfte in Auto bleiben, während wir die in den Tuffstein hineingebaute Altstadt erkundeten. Seit die Stadt in den 90gern zum UNESCO Weltkulturerbe ernannt wurde, hat sich die vorher fast verlassene Altstadt wieder mit Leben gefüllt. Aus verlassenen dunklen Höhlenwohnungen, den Sassi wurden exklusive Quartiere für Touristen, Restaurants und Galerien, und auch die Bewohner sind in die jetzt attraktiv gewordene Altstadt zurückgekehrt.

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Abends bezogen wir wieder unseren Platz mit Panoramablick. Niemand scheint hier etwas gegen Wohnmobilisten zu haben. Selbst eine Polizeistreife, die am Abend bei uns hielt, grüßte freundlich und wünschte uns eine gute Nacht!

Ab in den Westen

Südlich von Matera ziehen sich die Gravinas weiter durch die Landschaft, sind aber nicht mehr so rauh. Hier liegt ein Nationalpark, in den wir am nächsten Tag auf kleinen Schotterstraßen hinein fuhren. Gelegentlich findet man auch hier noch Reste alter Besiedlung, vor allem Reste von Zisternen, die offenbar früher die Siedlungen mit Wasser versorgt haben. Durch niedrige Wälder mit Steineichen, verkrüppelten Zypressen, verlassene Bauernhöfe und Geröllhänge übersät mit Thymian, Rosmarin und einer Art wilder Rucola zog sich unser kurzer Spaziergang, der am Ende über 3 Stunden dauerte und uns erst in der Dämmerung zurück zum Auto führte.

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So geht es einem, wenn man keine Lust zum Umkehren hat, immer in der Hoffnung, dass der Weg doch irgendwie wieder zurück führen muß…

So beschließen wir hier in der Einsamkeit für die Nacht zu bleiben. Am nächsten Morgen wachen wir auf, als die Sonne gerade versucht, die dichten Nebelwolken zu vertreiben, die vom Tal heraufziehen. Bis zum Frühstück hat sie es geschafft und wir genießen ihre Wärme in der ansonsten noch frischen Morgenluft.

Heute wollen wir die Seite wechseln

……..wer hat denn hier zugeschlagen und den gesamten Weg nach Westen verschwinden lassen?

Wer weiß, ob ich das noch mal rekonstruieren kann……